Arbeitszeitmodelle: Für die Arbeitszeit der Mitarbeiter gibt es in Deutschland strenge Regeln. Dabei werden „Mehrarbeit“ und „Überstunden“ fälschlicherweise als gleichbedeutende Begriffe verwendet. In diesem Artikel wollen wir uns mit den Arbeitszeitregelungen und der Bedeutung von Mehrarbeit und Überstunden detailliert auseinandersetzen.
Arbeitszeit ist nach dem Arbeitszeitgesetz die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern müssen zusammengerechnet werden. In Tarif- und Arbeitsverträgen können auch bezüglich der Arbeitszeit weitgehend individuelle Vereinbarungen getroffen werden. Allerdings setzt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) für bestimmte Berufsgruppen Grenzen. Von den Regelungen des Arbeitszeitgesetzes sind ausgenommen:
- Arbeitnehmer unter 18 Jahren. Für sie gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz, wonach sie nicht länger als vierzig Stunden in einer Woche beschäftigt werden dürfen. Sie dürfen grundsätzlich pro Tag maximal acht Stunden beschäftigt werden. In Ausnahmefällen (beispielsweise, wenn an einigen Tagen in der Woche weniger als acht Stunden gearbeitet wird) darf die Arbeitszeit auf 8 ½ Stunden erhöht werden.
- Leitende Angestellte. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz sind leitende Angestellte Mitarbeiter,
- die zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
- Generalvollmacht oder eine im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutende Prokura besitzt oder
- Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind. Die Erfüllung der Aufgaben muss besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzen, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst. Dies kann auch bei Vorgaben, insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien, sowie bei der Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein. Hier werden die Arbeitszeiten individuell im Vertrag geregelt. Dabei kann auch vereinbart werden, dass Überstunden durch das Gehalt des leitenden Angestellten abgegolten werden.
Hinzu kommen noch besondere Regelungen für Berufsgruppen, auf die wir hier nicht näher eingehen werden (beispielsweise Personen, die in Pflegeberufen oder bei Gottesdiensten tätig sind). Für alle anderen Arbeitnehmer gelten die folgenden Regeln für die Arbeitszeit.
Maximale Wochenarbeitszeit beträgt 48 Stunden
Ein Arbeitnehmer darf nach dem Arbeitszeitgesetz maximal acht Stunden pro Werktag arbeiten. Die maximale Wochenarbeitszeit soll 48 Stunden nicht überschreiten. Die Pausen werden nicht zur Arbeitszeit gerechnet. Außerdem steht ihm pro Jahr mindestens vier Wochen Urlaub zu.
In Ausnahmefällen kann der Arbeitstag um zwei Stunden auf 10 Stunden verlängert werden. Da das Arbeitszeitgesetz den Samstag als Werktag sieht, ergeben sich daraus maximal sechzig Stunden pro Woche. Die Verlängerung muss aber innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen ausgeglichen werden. In der übrigen Zeit muss der Mitarbeiter also kürzer arbeiten, damit im Durchschnitt wieder die Acht-Stundengrenze eingehalten wird.
Grundsätzlich gilt als Arbeitszeit der Zeitraum zwischen Beginn und Ende der Arbeit. Nicht zur Arbeitszeit zählen:
- die Pausen,
Ein Mitarbeiter darf nicht länger als sechs Stunden am Stück arbeiten. Spätestens dann steht ihm eine Pause von einer halben Stunde zu (§ 4 ArbZG). Bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden müssen insgesamt Pausen von mindestens 45 Minuten eingeräumt werden. Diese Pausenzeiten müssen angeboten werden und gehören nicht zur Arbeitszeit.
Grundsätzlich gilt in Deutschland ein Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen (§ 9 ArbZG). Ausgenommen sind hier Berufe, die auch an diesen Tagen ausgeübt werden müssen (etwa Tätigkeiten in der Pflege, in Krankenhäusern, aber auch an Tankstellen, Museen und anderen Kultureinrichtungen).
Die Zeiterfassung der Arbeitszeit
Aufgrund eines Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 13.09.2022 (Aktenzeichen 1 ABR 22/21) ist der Arbeitgeber zur automatischen Erfassung der Arbeitszeit verpflichtet. Hintergrund ist hier, dass das Arbeitsschutzgesetz im Sinne des europäischen Rechts ausgelegt werden muss, obwohl diese Regelungen bis jetzt nicht in das Gesetz übernommen wurden. Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass die Arbeitszeit systematisch kontinuierlich erfasst wird (eine sporadische Erfassung reicht nicht aus).
Wenn keine automatische Zeiterfassung erfolgt, muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass die von den Mitarbeitern erfassten Arbeitszeiten den Tatsachen entsprechen. An einer Überarbeitung des Arbeitsschutzgesetzes hinsichtlich der Zeiterfassung wird derzeit gearbeitet. Bis dahin ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts bindend.
Überstunden und Mehrarbeit
Obwohl die Begriffe häufig als gleichbedeutend angesehen werden, beschreiben sie arbeitsrechtlich unterschiedliche Situationen. Wenn die Arbeitszeit die Höchstarbeitszeit nach § 3 ArbZG (derzeit acht Stunden pro Werktag) überschreitet, spricht man von Mehrarbeit.
Überstunden sind Arbeitsstunden, die über das vertraglich vereinbarte Maß hinausgehen. Wird vertraglich vereinbart, dass der Mitarbeiter 30 Stunden pro Woche tätig sein soll, arbeitet aber 40 Stunden, leistet er 10 Überstunden, aber noch keine Mehrarbeit, da die gesetzliche Höchstarbeitszeit 48 Stunden pro Woche beträgt.
Bei der Unterscheidung von Überstunden und Mehrarbeit ist zu beachten:
- Wird die persönliche, vertraglich vereinbarte Arbeitszeit überschritten, bewegt sich aber noch in den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes, handelt es sich um Überstunden. Sie werden durch zusätzliche Vergütung oder Freizeit ausgeglichen. Es kann sowohl ein zeitlicher als auch ein finanzieller Zuschlag vereinbart werden.
Wann kommt es zu Überstunden?
Sicher wird sich jeder Betrieb bemühen, Überstunden zu vermeiden. Doch die Gründe für Überstunden sind vielfältig: Nach einer Renovierung muss das Geschäft eingeräumt werden oder bei einer Aktion muss mit einem erhöhten Kundenaufkommen gerechnet werden. Überstunden fallen immer in Ausnahmesituationen an, für die es nicht sinnvoll ist, Kräfte zusätzlich einzustellen.
Doch die Interessen, die sich mit den Überstunden verbinden, sind sehr unterschiedlich. Der Arbeitgeber will die Zahl der Überstunden – und die damit verbundenen Mehrkosten – so gering wie möglich halten. Andererseits wollen einige Mitarbeiter eine möglichst hohe Honorierung für die Überstunden erzielen. Es gibt aber auch Arbeitnehmer, die keine Überstunden machen wollen. Hier spielen oft private Verpflichtungen eine Rolle. Auch die hohen Abzüge können dazu führen, dass so mancher Mitarbeiter kein Interesse an bezahlten Überstunden zeigt.
Ist der Arbeitnehmer zu Überstunden verpflichtet?
Ein Mitarbeiter ist grundsätzlich nur zu Überstunden verpflichtet, wenn dies im Arbeitsvertrag oder anderweitig (Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag) vereinbart wurde. Wurde keine Vereinbarung getroffen, kann man auch nachträglich eine Vereinbarung mit dem Mitarbeiter treffen. Es kann auch eine Betriebsvereinbarung nachträglich mit Zustimmung der Arbeitnehmervertreter (Betriebsrat) getroffen werden.
Aber wenn auch keine Vereinbarungen bestehen, kann es zu Ausnahmesituationen kommen, in denen ein Mitarbeiter zu Überstunden herangezogen werden kann. In einem akuten Notfall (etwa Wasserrohrbruch oder Feuer im Betrieb) kann dies der Fall sein. Die Leistungspflicht des Mitarbeiters ergibt sich dann aus seiner Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Ordnet der Arbeitgeber Überstunden an, muss er die Belange des Arbeitnehmers berücksichtigen. Hierzu gehören unter anderem die folgenden Faktoren:
- Persönliche Belange des Arbeitnehmers.
Voraussetzung zur Anerkennung der Überstunden
Überstunden müssen grundsätzlich vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet werden. Im Ausnahmefall können sich Überstunden auch zwangsläufig ergeben, wenn sie zur Erledigung einer Arbeit unvermeidbar sind (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10.03.2013 – Aktenzeichen 5 AZR 122/12).
Gesetzliche Regelung Wurde im Arbeits- oder Tarifvertrag nicht geregelt, wie Überstunden ausgeglichen werden (Freizeit oder Geld), gilt hier § 612 Abs. 1 BGB: „Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.“
Da der Arbeitnehmer in den meisten Fällen eine Vergütung erwarten kann, steht sie ihm dann auch zu. Allerdings ist dies bei Mitarbeitern im gehobenen und oberen Bereich der Unternehmenshierarchie nicht grundsätzlich gegeben. Das Bundesarbeitsgericht stellte in einem Urteil vom 12.08.2011 klar, dass Überstunden von Führungskräften nicht entlohnt werden müssen (Aktenzeichen 5 AZR 406/10).
Vergütung oder Freizeitausgleich?
Ob für Überstunden ein Ersatz in Form von einem Stundenlohn oder einem Freizeitausgleich eingeräumt wird, ist von den Vereinbarungen abhängig, die zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber getroffen werden. Überwiegend wird vom Arbeitgeber für Überstunden ein Zuschlag gewährt. Dies ist aber gesetzlich nicht vorgeschrieben. Deshalb ist die Vergütung von Überstunden nicht einheitlich geregelt und kann variieren. Möglich ist die Regelung in individuellen Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen.
Eine Alternative zur Vergütung geleisteter Überstunden ist der Freizeitausgleich. Der Freizeitausgleich muss aber im Arbeitsvertrag vereinbart werden, da der Gesetzgeber grundsätzlich von einer Entlohnung ausgeht (§ 612 BGB). Der Freizeitausgleich stellt keinen Urlaub dar. Erkrankt der Mitarbeiter beispielsweise im Urlaub, werden die nachgewiesenen Krankheitstage vom Urlaub abgezogen (§ 9 BurlG). Dies gilt nicht für die Zeit, in der der Mitarbeiter Freizeitausgleich wahrnimmt.
Wie berechnet man die Überstundenvergütung?
Werden Überstunden vergütet, muss für Mitarbeiter, die einen festen Monatslohn erhalten, der Stundenlohn nach der Formel
Monatslohn x 3 : 13 : Wochenarbeitszeit in Stunden = Stundenlohn
errechnet werden.
