Die Firma Gewo Feinmechanik aus Wörth/Hölkofen ist mit ihren Produkten auch auf dem Mars unterwegs.
In Europa werden derzeit kaum Halbleiterprodukte hergestellt. Aber richtig ist auch: Ohne die High-Tech-Komponenten, welche aus Deutschland zum Beispiel von der Gewo Feinmechanik zugeliefert werden, stünden Asiens Halbleiterfabriken erst einmal still.
Die Gewo Feinmechanik GmbH ist 35 Kilometer nordöstlich von München in Wörth zu finden. Sie liefert jeden Monat einem der großen deutschen Halbleiterequipment-Ausrüster die Bauteile, die – bildlich gesprochen – als Lichtmaschine für diese hochkomplexen und extrem teuren Anlagen benötigt werden. „Made by Gewo“ sind auch Elektronenstrahlmikroskope für die Pixelkontrolle, die Monitore und Displays auf Produktionsfehler untersuchen. Und selbst auf dem Mars ist Gewo-Technik unterwegs. Die Bodenplatte einer Marssonde, die auf dem Mars herumspaziert, Bodenproben zu Staub vermahlt und untersucht, wurde von der Gewo-Feinmechanik gefertigt.
Das Unternehmen arbeitet mit Wissenschaftlern an der Entwicklung von neuen Weltraumsatellitenantennen und Navigationssystemen. Die Zukunft der Produktion hat bei der Gewo einen festen Platz. Der Handwerksbetrieb ist hoch automatisiert und hält Patente an einem 3D-Drucker, der mit PEEK Materialien arbeitet. Das sind Hochtemperatur-Kunststoffe, die besonders leicht sind und auch bei extremen Temperaturen keine Partikel absondern. Das sind Eigenschaften, die für die Raumfahrt und die Medizintechnik sehr attraktiv sind.
Erfolgsgeheimnis Fertigungstiefe und -breite

Das Unternehmen beschäftigt heute circa 360 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Das war nicht immer so. Als Georg und Marianne Woitzik das Unternehmen 1981 gegründet haben, wollten sie eins Tages drei oder fünf Mitarbeiter haben. Georg Woitzik war nach seiner Ausbildung zum Feinmechaniker in einer Siemens-Versuchsabteilung tätig und schloss bald darauf seine Weiterbildung zum Meister erfolgreich ab. Marianne Woitzik, die ausgebildete Konditormeisterin ist, gab ihren Traum vom eigenen Café zugunsten der Gewo-Feinmechanik auf. Das kaufmännische und das pädagogische Handwerkszeug, das bei der Meisterausbildung erlernt wurde, kam nun der Gewo zugute. Als Team waren sie unschlagbar. Wie rasend schnell die Gewo tatsächlich wachsen würde, haben sie sich dennoch nicht vorstellen können. „Wir haben keine Werbung gemacht,“ sagt Georg Woitzik. „Man muss von dem, was man macht, selber begeistert sein. Dann kommen die Kunden von selbst. Das Geheimnis unseres heutigen Erfolges, ist die Fertigungsbreite und -tiefe, die wir unseren Kunden bieten“, sagt der Unternehmer. „Von der Konstruktion, über die Zerspanung, Elektronik, die Komponentenfertigung bis hin zur Reinraummontage“.
Ausbildung und Wohlfühlfaktor
Bemerkenswert ist aber auch die ungewöhnlich große Aufmerksamkeit, die das Unternehmen der Ausbildung und dem Wohlergehen seiner MitarbeiterInnen schenkt. In der eigenen Lehrwerkstatt wurden inzwischen mehr als 245 Fachkräfte ausgebildet, wovon heute noch 155 als Facharbeiter, Meister und Abteilungsleiter im Haus beschäftigt sind. Dass jedes Jahr – trotz demografischem Wandel – viele junge Menschen dazu kommen, verdankt das Unternehmen den 200 Praktikanten, die es regelmäßig einlädt und betreut. 2018 begrüßte das Unternehmen beispielsweise 22 neue Auszubildende, davon 13 Feinwerkmechaniker/-innen, drei Mechatroniker, drei Fachinformatiker (Fachrichtung Anwendungsentwicklung oder Systemintegration), zwei Industriekaufmänner und eine Kauffrau für Büromanagement.
Unternehmen müssen sexy sein

Und: Den Gewo-MitarbeiterInnen darf und soll es offenbar richtig gut gehen. „Ein Unternehmen muss für seine Mitarbeiter sexy/ansprechend sein“, sagt Georg Woitzik. Der Wohlfühlfaktor ist der Familie Woitzik ganz offensichtlich überaus wichtig. Die Gewo-Feinmechanik GmbH soll nicht nur freundlich aussehen, sondern auch richtig freundlich sein. Neben Massagestühlen in den Ruheräumen bietet Gewo Pilates, Jogging, Fußball und Fahrradausflüge an. Der Chef joggt nicht nur mit, er nimmt auch an dem Pilates-Kurs teil. Kaffee, Obst und Wasser gibt es kostenlos für jeden Mitarbeiter und dreimal die Woche kommt der Pizzawagen. Das ist nicht gut für den Hüftspeck, aber ganz sicher sehr gut fürs Betriebsklima. Wenn das nicht cool ist!
Dass das Unternehmen mit fünfundzwanzig Prozent Frauenanteil geradezu ein „Gender-Vorzeigebetrieb“ ist, darauf ist Georg Woitzik „ganz besonders stolz.“
Entscheidend sind Automation und Investitionen in die Ausbildung. Denn Trotz dunkler Wolken am Horizont und der großen technologischen Herausforderungen, vor denen das Metallhandwerk in Deutschland heute steht, ist Georg Woitzik zuversichtlich: „Die Art von Feinwerkmechanik, die wir hier betreiben, in dieser Komplexität und Fertigungstiefe, wird es in Europa immer geben. Entscheidend ist, dass wir in die Automation und in die Ausbildung unserer Fachkräfte investieren.“