Brandschutz: Beim Brandschutz gilt noch mehr als sonst: „Sicherheit geht vor!“ Das heißt, dass die Montage mit höchster Sorgfalt zu erfolgen hat. Leider ist das nicht immer so. Josef Faßbender, Sachverständiger für das Metallbauerhandwerk und Schulungsleiter bei der DFATT, nennt im Interview Fallstricke beim Bau von Feuerschutzabschlüssen und gibt Tipps, wie sich Normen und Herstellervorgaben leichter einhalten lassen.
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Aus Schäden klug werden
Aus Schäden klug werden: Das Sprichwort stimmt – und wenn die Lehre aus Schäden anderer gezogen werden kann, dann kostet das Lernen nur Lesezeit und ein Buch. Im sechsten Band unserer Schadenfall-Buchreihe dokumentieren die Fachautoren Jörg Dombrowski und German Sternberger unter dem Titel „Grenzfälle“ 100 strittige Fälle (siehe baufachmedien.de/schaeden). Online gibt es die M&T-Datenbank, in der zum Brand- und Rauchschutz 49 Schäden kostenfrei recherchiert werden können und die in der Vollversion für Abonnenten 69 Euro pro Jahr und sonst 99 Euro pro Jahr kostet.
mt-metallhandwerk.de/schaeden-im-metallbau/.
Alles Neue rund um den Brandschutz ist auf der Messe Feuertrutz zu sehen. Parallel findet der „Brandschutzkongress“ statt, organisiert von RM Rudolf Müller Medien – mit Expertenvorträgen zum baulichen, anlagentechnischen und betrieblichen Brandschutz.
Josef Faßbender ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Metallbauerhandwerk und spezialisiert auf Türanlagen. Er ist zudem Gründer, Geschäftsführer und Lehrgangsleiter der DFATT – Deutsche Fachakademie für Tür-Technik (dfatt.de). Hier bildet der Experte unter anderem Monteure und Planende zu Fachbauleitern für Türen aus.
Als Sachverständiger, der gerade bei mangelhafter Arbeit um Bewertung gebeten wird, kennt Josef Faßbender auch die negativen Seiten bei der Ausführung: Falsche Befestigungsmittel, unzulässige Hinterfüllung und manchmal auch einfach schlampige Ausführung. Ebenso weiß er, welche Regeln und Normen zwingend zu beachten sind. Als Schulungsleiter kennt er zudem die Wege zum korrekten Einbau von Feuerschutzabschlüssen, Rauchmeldern, Brandmeldeanlagen und die Schwierigkeiten der Gewerkegrenzen. Viele Gründe, um den Experten zu Wort kommen zu lassen.





Was wie zu sein hat, geben die Normen vor. Doch auch Normen sind nicht statisch. Gibt es Neues im Vorschriftenwesen, was die Montage von Brandschutzelementen verändert?
Neue Vorgaben stehen mit Blick auf die Barrierefreiheit ins Haus. Hier ist die Norm bereits überarbeitet. Das wirkt auch auf den Brandschutz, beispielsweise mit Blick auf Bedienkräfte an den Türen. Hier gibt es aktuell noch uneinheitliche Vorgaben: Die DIN 1154 fordert, eine vorgegebene Kraft in Newtonmeter am Türschließer einzustellen. Die ASR V3a.2 (Arbeitsstättenrichtlinie, Barrierefreie Gestaltung) gibt dagegen 25 Newton als messbare Größe am Türdrücker zur Einleitung der Drehbewegung vor. Hier ist in Zukunft eine Vereinheitlichung dergestalt zu erwarten, dass die zur Öffnung einzuhaltende Kraft mit 50 Newton angegeben wird. Moderne Obentürschließer sind technisch so weit, dass die Schließmittel so eingestellt werden können, dass die zur Öffnung notwendigen Kräfte nach DIN 18040 bis zu einer Flügelbreite von 1,25 Metern eingehalten werden können.
Außerdem besteht Hoffnung, dass die Vorgaben für den Einbau in Mischbauweise besser geregelt werden, denn Hersteller haben belegt, dass ihre Feuerschutzabschlüsse (FSA) auch dort funktionieren, wo ein FSA an unterschiedliche Wandbildner anschließt. Das könnte perspektivisch dazu führen, dass in solchen Fällen die Zustimmung im Einzelfall obsolet wird. Aktuell ist hier noch ein Agieren außerhalb der Zulassung unumgänglich.
Wie viel ist in Bewegung?
Ganz allgemein ist es wichtig, informiert zu bleiben! Auch oder gerade, weil es viel Stoff ist, der beachtet werden muss – von der Norm für Feuerschutzabschlüsse bis zu den Normen für Verriegelungssysteme. Ein Beispiel dafür, wie langfristig diese Prozesse laufen: Der Entwurf für die DIN EN 13637 über elektrische Verriegelungssysteme stammt von 2015. Diese ist zwar harmonisiert, aber noch nicht im Amtsblatt der EU veröffentlicht, also ist sie Stand heute, in Deutschland baurechtlich noch nicht eingeführt. Die Gerätehersteller entwickeln ihre Produkte danach und das geht über die derzeit gültige Norm – die EltVTR von 1998 – hinaus. Die DIN EN 13637 bildet die allgemein anerkannten Regeln der Technik ab.
Mit welcher Folge?
Als Beispiel: Entgegen der EltVTR kann nach der DIN EN 13637 die Öffnung einer Tür im Alarmfall mit Verzögerung erfolgen. Das ist dort sinnvoll, wo ständig Personal – beispielsweise Pfleger – darüber wachen, dass bestimmte Patienten nicht einfach das Gebäude verlassen können. Solche Anlagen sind in der gültigen EltVTR noch gar nicht geregelt. Da ist nur die DIN 13637 als Leitlinie anwendbar. Eine solche Anwendung muss aber durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde genehmigt werden.
Da sind die Hersteller schneller als die Normengeber. Was tut sich auf Produktseite?
Auch hier ist Barrierefreiheit ein Trend, aktuelle Innovationen in der Türtechnik verbessern die barrierefreie Gestaltung. Beispiel barrierefreie Selbstrettung und Drehflügeltür: Ein Antrieb ist hier wie eine Feststellanlage zu sehen: Erkennt der Rauchmelder Rauch, schaltet er den Antrieb aus – und damit fehlt die automatische Öffnungsfunktion. Hier kommen dann Sondersteuerungen zum Einsatz, derart, dass eine Öffnung über den Taster auch nach der Alarmabschaltung noch möglich bleibt, andere Befehlsgeräte bleiben abgeschaltet. Nachteil: Auch hier geht es nur mit „Zustimmung im Einzelfall“. Der Wunsch ist hier klar: Diese Art der Produktlösung sollte zu einer Bauart überführt werden können, um diese Einzelfallzustimmung nicht mehr zu benötigen. Diese geprüften, anerkannten Systeme sind ja längst in der Praxis im Einsatz und bewährt.
Eine weitere, aktuelle Innovation, so die Ankündigung auf der BAU-Messe: F90-Gläser, die nur noch etwa die Hälfte der bisherigen Gläser wiegen sollen. Das geringere Gewicht vereinfacht die Montage, der Transport wird leichter, oft würden kleinere oder eine geringere Anzahl von Türbändern genügen. Fortschritte in der Technik gibt es also weiterhin!
Mit Blick auf das reale Geschehen: Wo liegen immer wieder die Stolperfallen bei der Montage?
Ein Standardfehler ist die Verankerung mit falschen oder zu wenigen Befestigungsmitteln oder nicht ausreichende Hinterfüllung, im schlimmsten Fall mit dem falschen Material.
Die Schäden durch solche Fehler können schon sehr umfangreich sein. Ein Beispiel: In einem Bauvorhaben mit rund 70 Türanlagen waren Befestigungsmittel im Einsatz, deren Art nicht in der Montageanleitung aufgeführt waren. Diese Schrauben waren auch nicht gleichwertig oder vom Element-Hersteller für die Aufnahme in die Anleitung vorgesehen. Im Ergebnis waren umfangreiche Nachbesserungen notwendig.
Zweites Beispiel für eine Stolperfalle auf der Baustelle: Wandbildner, die nicht so ausgeführt sind wie bei der Bestellung durch den Kunden angegeben. Das ist dann im ersten Schritt nicht der Fehler des Errichters. Ein Fehler wird es aber, wenn darüber hinweggesehen wird und der Einbau trotz der mangelhaften Wand erfolgt.
Hier ist die Lage allerdings etwas unübersichtlich. Auch dazu ein Beispiel, der Anschluss an eine Gipskarton-Ständerwand. Hier unterscheiden sich die Einbau-Vorschriften der Hersteller erheblich. Mal ist eine beplankte Laibung nicht zulässig, mal ist sie optional und im dritten Fall verbindlich vorgeschrieben. Stimmen dann auf der Baustelle die Laibung und die Vorgabe für den FSA nicht überein, wird sofort klar, dass die Breite für die Zarge nicht stimmen kann. Ursachen, dass hier gegen die Anleitung verstoßen wird, gibt es viele. Planungsfehler zum Beispiel: Der Trockenbauer wird im Regelfall einen Durchgang mit beplankter Laibung in der vorgegebenen lichten Breite und Höhe herstellen. Soll hier nun ein Element mit Spiegelverschraubung und Befestigung im UA-Profil eingebaut werden, kann das nicht durch die laibungsseitige Beplankung erfolgen. Würde hier nun die Beplankung abgenommen, wäre die lichte Breite zwischen den Stahlprofilen viel zu groß.
Umgekehrt gilt im Holzbau, dass für den Einbau des Feuerschutzabschlusses zum Beispiel eine nichtbrennbare Beplankung vorzusehen ist. Daher: Erst wenn bei einer neutralen Ausschreibung final entschieden ist, welche Tür – mit Angabe Hersteller, Bauart etc. – zum Einsatz kommt, kann geprüft werden, ob die Detailplanung überhaupt stimmt.
Eine weitere Fehlerquelle liegt direkt auf der Baustelle – immer dann, wenn vor Ort improvisiert wird. Auch der Preisdruck ist für manchen ausführenden Betrieb so stark zu spüren, dass er sich zu günstigeren, aber eben auch nicht zulässigen Einbauvarianten hinreißen lässt. Das ist dann aber schon als schuldhafte Gefährdung zu werten. Oder der Termindruck führt dazu, dass Bedenken nicht angemeldet werden und dadurch Fehler der Vorgewerke bestehen bleiben.
Wie lassen sich solche Fehler vermeiden?
Eine gute Fehlervermeidungsstrategie beginnt mit der genauen Analyse der Ausschreibungsunterlagen. Denn, wie schon deutlich wurde: Fehler passieren auch in der Planung. Vor dem Einbau ist auch unbedingt zu überprüfen, ob die bisherigen Ausführungen mit der Planung übereinstimmen. Das gilt insbesondere für die Maße und die Materialien. Die Montage selbst ist dann selbstverständlich nach den Vorgaben der Zulassung/Bauartgenehmigung und der dazugehörigen Montageanleitung der zugelassenen Produkte und Angaben der Hersteller exakt umsetzen. Will der ausführende Betrieb ein gleichwertiges Produkt einbauen, zu dem in der Ausschreibung genannten, muss er sich sicher sein, dass diese Gleichwertigkeit auch gegeben ist. Nicht zuletzt: Bei erkennbaren Fehlern muss im Zweifel darauf gedrängt werden, dass diese korrigiert oder die Planung angepasst wird. Aus meiner laienhaften juristischen Sicht: Wo erforderlich, Bedenken anmelden
Es wird deutlich: Der Einbau von Feuerschutzabschlüssen gehört nicht in die Hände von Anfängern.
Richtig, gut qualifiziertes Personal ist das A und O für reibungslose Bauarbeiten. Dabei kann es durchaus ein guter Weg sein, dass sich ein Team auf zwei oder drei Systeme spezialisiert, die es dann aber um so sicherer beherrscht. Das gilt für die Bauleitung gleichermaßen, auch diese sollte sich gut mit den Türen auskennen – und mit den weiteren Gewerken. Je enger verzahnt Handwerker, Planer und Bauleitung als Team funktionieren, desto reibungsloser läuft auch die Arbeit. Gerade für Großprojekte ist ein Türenfachplaner die optimale Lösung. Geht es um mehrere hundert Türen, ist eine solche Aufgabe auch umfangreich genug. Wie sollte ein einzelner Mensch sich gut und zuverlässig um Fenster, Estrich, Abhangdecken und Türen zugleich kümmern können?
Also gehört auch prüfen und überwachen dazu?
Unbedingt und durchaus mehr, als es extern geschieht. Hat der Bauherr nur wenig Kontrolle durch einen Sachverständigen für Feuerschutz eingeplant, sollte der Montagebetrieb von sich aus ein hohes Maß Eigenkontrolle anlegen. Je früher ein Fehler auffällt, desto einfacher lässt sich dieser beheben. Ein Fehler, der sich jedoch vielfach wiederholt, wird schnell sehr viel teurer als es der Aufwand für eine ordentliche Bauüberwachung ist.
Nun bleiben viele Anlagen sehr komplex: Zugang, Zugangsüberwachung, Fluchtweg, Brandschutz – alles in einem System.
Um diese Komplexität etwas aufzubrechen, ist es zum Beispiel auch möglich, Aufgaben aufzuteilen. Bei weitläufigen Fassaden ist es kein Problem, neben den Hauptzugang mit der Zugangskontrolle eine Tür zu planen, die als reiner Fluchtweg ausgelegt ist. Die einzelnen Elemente sind dadurch wieder etwas einfacher in der technischen Ausstattung.
Wenn alles fertig ist, wie geht es weiter?
Zur Übergabe gehört die vollständige Dokumentation. Die Abnahme ist dabei durchaus langwierig, beispielsweise zuerst die Tür, dann die Brandmeldeanlage. Dann muss auch das Zusammenwirken getestet werden – mit der Hürde, dass unterschiedliche Gewerke und verschiedene Hersteller aufeinandertreffen.
Wie lautet Ihr Appell an die Baubeteiligten?
Mehr Kommunikation! Wenn die Montage-Teams, die Planungsverantwortlichen und die weiteren Beteiligten mehr miteinander statt übereinander sprechen, lassen sich viele Probleme schneller, früher und einfacher lösen.