Fensterfront in einer Schule
Motorisierte und zentral gesteuerte Fenster sind eine zuverlässige und architektonisch sehr unauffällige Möglichkeit, die ausreichende Lüftung in Schulen oder öffentlichen Gebäuden sicherzustellen. (Quelle: Window-Master)

Fertigung und Montage 1. June 2023 Fenster: Dichtheit mit Folgen

Moderne Fenster sind im Hinblick auf ihre Luftdichtheit geprüft und klassifiziert. Das hat Konsequenzen für die Raumlüftung, die vom Planer zu berücksichtigen sind. Bei Modernisierungen kann auch der Fensterbauer verantwortlich sein.

Bereits in der ersten Wärmeschutzverordnung von 1977 findet sich die Forderung nach einer dauerhaft luftundurchlässigen Gebäudehülle sowie einem genau definierten Fugendurchlasskoeffizienten der Fenster. Die dazugehörigen Kenngrößen und Formulierungen haben sich seitdem zwar verändert, aber die grundsätzliche Pflicht zum luftdichten Bauen wurde immer fortgeschrieben – aktuell bis in Paragraf 13 des Gebäudeenergiegesetzes GEG sowie in die begleitenden Normen der Normenreihe DIN 4108.

Bei einer fachgerechten Planung und Ausführung nach dem Stand der Technik ist die Herstellung der Luftdichtheit heute nicht mehr unbedingt ein großes Problem. Das gilt sowohl für die Fenster und ihre Falze selbst, deren Dichtheit eine mandatierte Eigenschaft nach DIN EN 14351-1 ist und mit den Dichtheitsklassen 1 bis 4 dargestellt wird. Das gilt aber auch für die Baukörperanschlussfuge zwischen dem Fenster und der Außenwand, für die eine Vielzahl von Lösungen mit Folien sowie Dichtungs- oder Kompribändern entwickelt wurden. Bei beiden Aspekten wird es sicher noch Verbesserungen und Weiterentwicklungen geben, aber die ausführungstechnische Frage kann grundsätzlich als gelöst betrachtet werden.

Schwierigkeiten bereiten jedoch bis heute die Konsequenzen des luftdichten Bauens für die Gebäudenutzung. Denn anders als in den Gebäuden von 1977 und früher gibt es bei modernen, nach dem Stand der Technik luftdicht ausgeführten Fenstern keinen kontinuierlichen Luftwechsel mehr. Dieser spontane Luftwechsel war schon damals nicht gewollt, weil er Energieverluste durch das Einströmen kalter Außenluft und im schlechtesten Fall sogar als unbehaglich empfundene Zugluft hervorrufen kann. Aber immerhin hat er für einen zwar leichten, aber stetigen Luftaustausch gesorgt, der eine zu hohe Luftfeuchtigkeit sowie problematische Anreicherungen von CO2, Schadstoffen und Gerüchen in den Innenräumen verhinderte oder zumindest reduzierte. Dies fällt im modernen luftdichten Bauen von heute weg, weshalb die aktive, also gewollte Raumlüftung eine größere Bedeutung bekommen hat.

Prüfen Sie, ob ein Lüftungskonzept erforderlich ist

Fensterlüfter
Schnitt durch ein fensterintegriertes Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung, das einen kontrollierten, raumindividuellen Luftaustausch bei geschlossenem Fenster ermöglicht. (Quelle: Schüco International)

Im Wohnungsbau führt vor allem die Erhöhung der Luftfeuchtigkeit immer wieder zu Diskussionen zwischen Mietern und Vermietern. Denn ungenügende Lüftung kann zu Wasserkondensation und Schimmelbildung an den jeweils kühlsten Stellen der Gebäudehülle führen. Schimmel ist nicht nur ein optisch-ästhetischer Mangel, sondern stellt eine Gesundheitsgefahr für die Bewohner dar und muss deshalb verhindert werden.

Die einfachste Lösung ist das ausreichende und regelmäßige Lüften über die Fenster, die aber in der Realität auf einige Hindernisse trifft: In vielen Haushalten ist über Tag niemand zu Hause, der die Fenster öffnen könnte. Das Lüften kann außerdem vergessen oder in seiner Bedeutung unterschätzt werden. Und schließlich gibt es bei vielen Menschen auch eine gewisse Zurückhaltung beim Lüften, weil sie befürchten, dadurch mehr teure Heizenergie zu verbrauchen.

Aus diesen Gründen wird der alleinige Verweis darauf, dass die Nutzer ausreichend häufig (stoß-)lüften müssen, heute nicht mehr als ausreichend angesehen. Stattdessen verlangt DIN 1946-6 für Wohnungen ein Lüftungskonzept, mit dem der erforderliche Mindestluftwechsel unabhängig vom Verhalten der Nutzer gewährleistet wird. Bei Neubauten ist dies eine Aufgabe des Gebäudeplaners. Aber auch bei Modernisierungen, bei denen mehr als ein Drittel der Fenster erneuert werden, ist gegebenenfalls ein Lüftungskonzept erforderlich. Sofern kein Architekt beteiligt ist, kann diese Pflicht beim Fensterbauer liegen. Hilfestellung dabei gibt zum Beispiel die IFT-Richtlinie LU-02/2 Fensterlüfter, Teil 2: Empfehlungen für die Umsetzung von lüftungstechnischen Maßnahmen im Wohnungsbau. Je nach Ergebnis müssen eventuell lüftungstechnische Maßnahmen vorgesehen werden, zum Beispiel Fensterlüfter oder Außenluftdurchlässe in der Wand oder der Laibung.

Beachten Sie die Besonderheiten bei Schulgebäuden

Auch in öffentlichen und gewerblichen Gebäuden muss der hygienisch und feuchtetechnisch erforderliche Mindestluftwechsel beachtet werden. Gerade in Schulen und artverwandten Versammlungs- oder Lehrgebäuden ist aber meist der CO2-Gehalt der Raumluft das ausschlaggebende Kriterium, weil die Belegungsdichte der Räume deutlich höher ist als im Wohnungsbau.

Da Menschen kontinuierlich Kohlendioxid ausatmen steigt die Konzentration dieses Gases relativ schnell an. In vollbesetzten Klassenräumen kann ohne Lüftung bereits nach zwanzig Minuten Unterricht eine CO2-Konzentration von 1.000 ppm auftreten. Werte darüber gelten als bedenklich, Konzentrationen über 2.000 ppm als inakzeptabel. Die Folgen sind Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Unwohlsein und (in gewerblichen Bauten) Produktivitätsverluste.

Neben dem CO2-Gehalt müssen mit der Lüftung außerdem Schadstoffe, Gerüche und Krankheitserreger aus der Raumluft abtransportiert werden. Die Bedeutung gerade der Krankheitserreger ist während der Covid-19-Pandemie besonders stark ins gesellschaftliche Bewusstsein gedrungen.

Auch für Schulen, Büros und ähnliche Gebäude gilt wieder, dass im Falle eines Neubaus der Architekt Lösungen für das Lüftungsproblem entwickeln muss, während bei Teilmodernisierungen, bei denen nur die Fenster getauscht werden, eventuell kein Gebäudeplaner beteiligt ist und dadurch der Fensterbauer verantwortlich wird.

Mögliche Maßnahmen sind wiederum Fensterlüfter oder Außenluftdurchlässe, die natürliche Fensterlüftung (händisch oder mit angetriebenen Fenstern) sowie zentrale oder raumweise-dezentrale raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen).

Die einfachste und preiswerteste Lösung ist die (händische) Fensterlüftung, für deren Nutzung in Schulen es inzwischen sogar Handlungsanweisungen des Umweltbundesamtes und der Bundesländer gibt. Im praktischen Schulalltag können diese Konzepte aber auch an Grenzen stoßen, etwa weil zu viel kipp- und zu wenig stoßgelüftet wird, das Lüften komplett vergessen wird oder in der kalten Jahreszeit zu viel Wärmeenergie entweicht. Lüftungen mit angetriebenen und zentral gesteuerten Fenstern oder mit entsprechend programmierten RLT-Anlagen sind insofern die bessere, aber natürlich auch die teurere Lösung. Die Entscheidung darüber liegt letztlich beim Auftraggeber beziehungsweise Schulbetreiber, der Fensterbauer sollte aber bei einem Fenstertausch auf die Lüftungsanforderungen hinweisen.

Fazit: Weisen Sie den Auftraggeber auf die Lüftung hin

Im modernen energieeffizienten Bauen wird die Gebäudehülle dauerhaft luftdicht ausgeführt. Die Fenster müssen – auch bei Modernisierungen – mindestens Dichtheitsklasse 2 nach DIN EN 14351-1 entsprechen, bei mehr als zwei Vollgeschossen sogar Klasse 3.

Trotzdem ist der hygienisch und feuchtetechnisch erforderliche Mindestluftwechsel sicherzustellen, wofür im Wohnungsbau ein Lüftungskonzept nach DIN 1946-6 erforderlich ist. In Schulen und Büros sind darüber hinaus die Grenzwerte der CO2-Anreicherung zu beachten. Die ausreichende Lüftung gehört im Grundsatz zu den Planeraufgaben, muss aber bei Modernisierungen eventuell auch vom Fensterbauer beachtet werden.

Wo Sie mehr erfahren

Schadensfälle: Eine Reihe von Schadensfällen zum Thema Lüftung ist in den Bänden 1 bis 5 „Schäden im Metallbau“ aus dem Coleman-Verlag enthalten. Recherchieren können Sie auch auf der Schadens-Homepage www.schaeden-im-metallbau.de.

Fachregelwerk: Wichtige Informationen zum Thema finden Sie im Fachregelwerk Metallbauerhandwerk – Konstruktionstechnik in den Kapiteln 1.19.6.1 Tauwasserbildung an Bauteilen im Innenbereich, 2.1.7.15 Lüftung und 2.4.15 Optimale Wintergartenlüftung. Weitere Informationen zu den Büchern und zum Fachregelwerk erhalten Sie beim M&T-Kundenservice, E-Mail: coleman@vuservice.de oder Mo.-Fr. von 7:30 bis 17:00 Uhr per Telefon unter 06123 9238 274.

Viele Definitionen von Begriffen des Metallbaus finden Sie unter www.mt-metallhandwerk.de/Lexikon.

Porträtfoto Matthias Hecht
Matthias Hecht, Vertriebsleiter DACH bei Window-Master. (Quelle: Window-Master)

Natürlich kontrolliert

Sie setzen für Bildungsstätten oder Bürogebäude vor allem auf eine kontrollierte natürliche Lüftung mit Fensterantrieben als Alternative zu RLT-Anlagen oder händischem Lüften. Wo sehen Sie die Vorteile?

Die kontrollierte natürliche Lüftung ist eine überaus nachhaltige und zuverlässige Lüftungslösung. Die notwendigen Luftströme entstehen durch Temperatur- und Druckunterschiede zwischen Innen- und Außenluft sowie durch den natürlichen Wind. Das Öffnen und Schließen der Fenster wird dabei durch intelligente Sensoren – zum Beispiel zur Überprüfung von Temperatur und CO2-Gehalt – sowie mechanische Antriebe vollautomatisiert und leise gesteuert. Ein Vergessen der Fensterlüftung im Büro- oder Schulalltag ist gänzlich ausgeschlossen.
Zur Klimatisierung verwenden unsere Systeme den Effekt der natürlichen Nachtauskühlung. Dabei wird warme, abgestandene Luft nachts durch die Fensteröffnungen nach außen abgeführt und kalte Luft strömt nach – ein natürlicher Kühlvorgang, der keine externe Energie benötigt und damit eine besonders energieeffiziente Lösung darstellt. Ressourcen lassen sich auch schonen, indem mechanische und natürliche Systeme kombiniert werden. Einen Großteil des Jahres erfolgt die Zufuhr von Frischluft und die Abkühlung des Gebäudes über die natürliche Lüftung, während die mechanische Lüftung beispielsweise nur in den kalten Wintermonaten eingesetzt wird.

Was ist bei der Steuerung der Fenster zu beachten? Wird stets ein Gebäudeleitsystem benötigt oder sind auch Insellösungen allein für die Fenster sinnvoll?

Die Wahl des geeigneten automatischen Fensterantriebes und der dazugehörigen Steuerung hängt von dem jeweiligen Projekt und individuellen Zielsetzung ab. So sind beispielsweise Insellösungen möglich, die das Raumklima nur in einem Zimmer und ausschließlich in Abhängigkeit von der herrschenden Innen- und Außentemperatur steuern. Eine einfache Bedienoberfläche direkt im Raum erlaubt die manuelle oder automatisierte Steuerung. Andere Steuereinheiten arbeiten komplexer: Sie ermöglichen das kontinuierliche Protokollieren und Speichern von Daten zu Raumklima, Wetterverhältnissen, Fensterpositionen und eventuellen Systemfehlern. Diese eignen sich auch für den Einsatz in großen Gebäuden mit vielen verschiedenen Lüftungszonen. Dabei können sie beispielsweise Fenster, Jalousien, Heizungen und mechanisch unterstützte Hybridlösungen als Komplettlösung steuern und lassen sich auf Wunsch leicht in eine übergeordnete GLT-Anlage einbinden, um eine nahtlose zentrale Lösung zu generieren.

zuletzt editiert am 10.05.2023