(Mai 2022) Auf Geländerrohren aus verschiedenen Stahlchargen zeigte sich nach dem Feuerverzinken ein ungleichmäßiger Zinküberzug, den der Kunde beanstandete. Der Gutachter sollte feststellen, ob das gerechtfertigt war.
An Handläufen für Geländerkonstruktionen aus einem üblichen Baustahl S235 JR zeigten sich nach dem Feuerverzinken sehr ungleichmäßige Zinküberzüge mit einer zum Teil rauen und grießigen Struktur als auch eines so genannten Leopardenfellmusters. Diese Erscheinung zeigte sich nur auf den Handläufen der Rohrgeländer, während sich auf den horizontal verlaufenden Füllstäben aus Rohren mit geringerer Abmessung ein eher gleichmäßig silbrig-glänzender Zinküberzug zeigte, wie er auch aus optischen Gründen häufig gewünscht ist.
Achten Sie auf die Zusammensetzung des Stahls
Das Ergebnis beim Feuerverzinken ist maßgeblich von der chemischen Zusammensetzung der Stahlmaterialien abhängig. Nach einer nasschemischen Oberflächenvorbereitung der Stahlteile werden diese in die etwa 450 Grad Celsius heiße Zinkschmelze eingetaucht. Während des Feuerverzinkens laufen metallphysikalische Wechselwirkungen zwischen der festen Stahloberfläche und dem schmelzflüssigen Zink ab, die zu einer Eisen-Zink-Legierungsbildung auf der Stahloberfläche führen. Dieser Vorgang der Schichtbildung erfolgt durch Diffusionsvorgänge. Dabei kann es in Abhängigkeit des Silizium- oder des Phosphorgehaltes des Stahls zu einer unterschiedlichen Intensität der Zink-Eisen-Reaktionen kommen.
In der DIN EN ISO 14713 - 2 wird das Verzinkungsverhalten von Stahl in 4 Kategorien eingeteilt. Werden Stähle aus den unterschiedlichen Kategorien innerhalb einer Konstruktion miteinander kombiniert, so zeigt sich dies unter Umständen auch deutlich in einem optisch unterschiedlichen Aussehen des Zinküberzuges als auch der Schichtdicke.
Berücksichtigen Sie die Zinkschichtdicken
Die verwendeten Handlaufrohre kamen aus unterschiedlichen Stahlchargen mit unterschiedlichen Silizium- und Phosphoranteilen. Die grießigen Überzüge auf den Handlaufrohren lagen in der Stahlzusammensetzung in dem nahe beieinanderliegenden Übergangsbereich eines Niedrigsiliziumstahles der Kategorie A zum Sandelinbereich der Kategorie C. Daher stellte sich auf diesen Rohren eine so genannte Mischstruktur ein, bei der das Material nach zweierlei konkurrierenden Schichtbildungsmechanismen reagiert.
Die Handlaufrohre mit der grau-matten Zinkoberfläche, mit einer sich abzeichnenden Leopardenfellstruktur, entsprechen von der Zusammensetzung der Kategorie D im Hochsilizium-Bereich.
Die Füllstäbe lagen von der Stahlzusammensetzung her in einem für die Feuerverzinkung empfohlenen Bereich der Kategorie B, dem sogenannten Sebistybereich.
Gemäß DIN EN ISO 1461, der Norm für die Stückverzinkung, stellen auch Zinküberzüge mit einer raueren Struktur oder auch grau-matten Oberflächenoptik keinen Grund zur Beanstandung dar.
In aller Regel sind die Schichtdicken des Zinküberzuges im Sandelinbereich als auch im Hochsiliziumbereich deutlich erhöht und liegen weit über den Anforderungen der DIN EN ISO 1461 an die Mindestschichtdicke des Zinküberzuges.
Fazit: Prüfen Sie die Stahlzusammensetzung
Beim Feuerverzinken ist der Hauptzweck der Korrosionsschutz der Stahlteile. Daher sollten Betrachtungen zur Ästhetik und den dekorativen Eigenschaften zweitrangig sein. Falls die Optik des Zinküberzuges von besonderer Bedeutung sein sollte, kommt der Stahlbestellung eine besondere Aufmerksamkeit zu. Diese sollten bei erhöhten Anforderungen in den Bereichen A und B nach DIN EN ISO 14713-2 Tabelle 1 liegen.
Das Auftreten von dunkleren oder helleren Bereichen (zum Beispiel netzförmiges Muster oder dunkelgraue Bereiche) oder geringe Oberflächenunebenheiten sind gemäß DIN EN ISO 1461 kein Grund zur Zurückweisung.
Der Feuerverzinker selbst hat keinerlei Einflussmöglichkeit auf die materialbedingte Schichtbildungsreaktion und somit auf die Optik und die Oberflächentopographie des Zinküberzuges.
Wenn besondere Anforderungen bezüglich der Optik des Zinküberzuges gestellt sind, empfiehlt es sich, bei der Stahlbestellung explizit auf eine verzinkungsgeeignete Stahlzusammensetzung hinzuweisen und diese auch anhand des Werkszeugnisses zu überprüfen.
In besonderen Fällen kann auch eine Probeverzinkung unter Praxisbedingungen näheren Aufschluss über das Verzinkungsverhalten von Stahl geben.
