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„Reichen bereits bestehende Schutzmaßnahmen nicht aus, sind zusätzliche Maßnahmen festzulegen und umzusetzen“, meint Ingo Fischer, Fachreferent für Grundsatzfragen bei der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM). (Quelle: BGHM)

Interviews mit Branchenpartnern 1. June 2023 Gefährdungsbeurteilung: Sicher und gesund

Jeder Arbeitgeber ist verpflichtet die Gefährdungen in seinem Betrieb zu erfassen und hinsichtlich ihres Risikos für die Beschäftigten zu beurteilen. Worauf dabei zu achten ist, erläutert im Interview Ingo Fischer, Fachreferent für Grundsatzfragen bei der BGHM.

Wann muss im Metallhandwerksbetrieb eine Gefährdungsbeurteilung angefertigt werden?

Sobald Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt werden, muss der Unternehmer nach Paragraf 3 DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ eine Gefährdungsbeurteilung durchführen und deren Ergebnisse dokumentieren. Apropos „anfertigen“: Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass es ausschließlich um das „Anfertigen“ eines Dokuments für die Aufsichtsbehörden geht. Die Gefährdungsbeurteilung ist vielmehr ein systematischer Ansatz, um Gefährdungen an Arbeitsplätzen präventiv erkennen zu können. Sind sie identifiziert, werden passende Schutzmaßnahmen umgesetzt. Nur dies wirkt sich positiv auf die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz aus. Daher sollten wir besser von der „Durchführung“ der Gefährdungsbeurteilung sprechen, nicht vom „Anfertigen“.

Was sind die wichtigsten Eckpunkte?

Zunächst sind alle Arbeitsplätze beziehungsweise Arbeitsbereiche zu erfassen und alle relevanten Gefährdungen zu ermitteln. Die Gefährdungen sind dann hinsichtlich ihres Risikos zu beurteilen. Reichen bereits bestehende Schutzmaßnahmen nicht aus, sind zusätzliche Maßnahmen festzulegen und umzusetzen. Bei einem neu eingerichteten Arbeitsplatz sind entsprechend die grundlegenden Maßnahmen festzulegen und umzusetzen. Anschließend ist die Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen. Technische Schutzmaßnahmen sind vorrangig vor organisatorischen zu wählen. Organisatorische Maßnahmen wiederum sind „Persönlichen Schutzausrüstungen“ vorzuziehen. Die Gefährdungsbeurteilung muss außerdem den aktuellen Stand des innerbetrieblichen Arbeitsschutzes widerspiegeln und daher jederzeit aktuell sein.

Wie muss die Beurteilung formell aussehen?

Eine bestimmte Form ist für die Dokumentation nicht vorgeschrieben. In der betrieblichen Praxis hat sich unserer Beobachtung nach die Tabellenform durchgesetzt. Der Nutzen dieser Dokumentation ist, dass Arbeitgeber und Führungskräfte jederzeit nachvollziehen können, welche Gefährdungen bestehen und welche Maßnahmen umgesetzt sein müssen. Zudem kann die Dokumentation als Unterweisungskonzept dienen.

Wie muss sie den Mitarbeitern bekannt gemacht werden?

Die Gefährdungsbeurteilung muss den Mitarbeitenden nicht zugänglich gemacht werden. Es ist jedoch sinnvoll, die Beschäftigten bei der Ermittlung der Gefährdungen und der Auswahl der Schutzmaßnahmen einzubeziehen. In der Regel werden die Maßnahmen dann besser akzeptiert. Die ergriffenen Schutzmaßnahmen müssen den Beschäftigten in Unterweisungen und Betriebsanweisungen vermittelt werden. Nur so kann sicherheitsgerechtes Verhalten erreicht werden.

Welche Fehler werden dabei immer wieder gemacht?

Drei Fehler stellen wir immer wieder fest:
1. Die Bedeutung der Gefährdungsbeurteilung wird hinsichtlich der Rechtssicherheit für den Betrieb nicht erkannt.
2. Arbeitshilfen zum Beispiel von den Berufsgenossenschaften, die zur Rechtssicherheit führen und den Zeitaufwand minimieren helfen, werden nicht genutzt. Dadurch stehen viele Verantwortliche vor einer scheinbar riesigen Aufgabe.
3. Deswegen beginnen manche Verantwortliche gar nicht erst mit der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung.

Wo Sie mehr erfahren

Fachregelwerk: Wichtige Informationen zum Thema finden Sie im Fachregelwerk Metallbauerhandwerk – Konstruktionstechnik im Kapitel 1.15 Arbeitssicherheit und Umweltschutz. Weitere Informationen zum Fachregelwerk erhalten Sie beim M&T-Kundenservice, E-Mail: coleman@vuservice.de oder Mo.-Fr. von 7:30 bis 17:00 Uhr per Telefon unter 06123 9238 274.

Viele Definitionen von Begriffen des Metallbaus finden Sie unter www.mt-metallhandwerk.de/Lexikon.

Nutzen Sie die Hilfen der BGHM

Die BGHM stellt auf ihrer Homepage kostenfrei diverse Unterstützungsangebote für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung zur Verfügung. Um nur drei davon zu nennen: Auf www.bghm.de, Webcode 213, stehen Arbeitsblätter für eine Vielzahl unterschiedlicher Betriebe und Branchen im Word-Format zum Download bereit. Auf der Lernplattform der BGHM unter lernportal.bghm.de kann unkompliziert mit einem Online-Kurs das erforderliche Wissen zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen erworben werden. Zudem steht mit der „Gefährdungsbeurteilung online“ ein modernes, webbasiertes Tool auf www.bghm.de, Webcode 3552, für viele unterschiedliche Betriebe und Branchen zur Verfügung.

„Es ist sinnvoll, die Beschäftigten bei der Ermittlung der Gefährdungen und der Auswahl der Schutzmaßnahmen einzubeziehen.“

Ingo Fischer

zuletzt editiert am 10.05.2023