Interviewsituation Schüco-Chef Andreas Enelhardt mit M&T-Redakteurin Yvonne Schneider
"Aluminium als Material in der Fassade hat den großen Vorteil, dass es unendlich oft recycelt werden kann ohne Qualitätsverlust. Damit kann es, eingesetzt in Cradle-to-Cradle-zertifizierten Systemen, einen großen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leisten", erläutert Schüco-Chef Andreas Engelhardt. (Quelle: M&T/J. Siehoff)

Interviews mit Branchenpartnern 2024-02-04T23:00:00Z „Es ist wichtig, Kreisläufe zu schließen“

Fenster und Fassaden: Die großen Herausforderungen fürs Handwerk sind geprägt von Klimawandel, steigenden Energiepreisen und den Anforderungen an die Bauwirtschaft. Welchen Anteil der Metallbau daran hat und wie Schüco die Handwerks-Unternehmen unterstützt, berichtet Andreas Engelhardt im Interview mit M&T.

Die Zahl der Baugenehmigungen sinkt weiter. Wie wirkt sich das auf die Aktivitäten von Schüco aus?

Die Baubranche steht unter Druck. Auf der einen Seite haben wir einen großen Wohnraumbedarf und die erforderliche Sanierungsquote von Bestandsimmobilien wird lange nicht erreicht. Andererseits führen monatelange Diskussionen um Wärmepumpen, der Fachkräftemangel, die hohen Materialpreise, Tarifabschlüsse sowie hohe Zinsen zu einer großen Verunsicherung – und damit zu deutlichen Rückgängen bei den Bauinvestitionen. Das spüren wir in diesem Jahr deutlich und auch die Aussichten für 2024 sind nicht positiv. Diese Situation war im Geschäftsjahr 2022 noch nicht absehbar, das wir mit einem Gesamtumsatz von 2,28 Milliarden Euro, also 14,3 Prozent über Vorjahr, abgeschlossen haben.

„Die Sanierungsquote für Gebäude muss massiv gesteigert werden.“

Andreas Engelhardt, Schüco International

Die Beachtung von Umweltaspekten wird in der Öffentlichkeit derzeit oft als hinderlich für die Konjunktur der Baubranche wahrgenommen. Was bedeutet das für Ihre Bemühungen um die Nachhaltigkeit von Gebäuden?

Der Klimawandel und die Energiekosten bringen große Herausforderungen, aber auch Chancen für die Immobilienwirtschaft und die Bauindustrie. Die Sanierungsquote für Gebäude muss massiv gesteigert werden, um einen klimaneutralen und energieeffizienten Gebäudebestand zu erreichen. Wir bei Schüco haben unsere Lösung zum Erreichen von Klimaneutralität in der Fassade auf der BAU 2023 präsentiert: Mit Schüco Carbon Control bieten wir ein modulares, umfassendes Angebot, bestehend aus unterschiedlichen Produkten und Services entlang des gesamten Lebenszyklus des Gebäudes, das die Dekarbonisierung der Fenster, Türen und Fassade objektspezifisch steuerbar macht. Dabei ist der Einsatz von Recyclingmaterial ein wichtiger Faktor, aber nicht der einzige.

Interviewsituation Schüco-Chef Andreas Enelhardt mit M&T-Redakteurin Yvonne Schneider
"Wir verstehen uns als Vorreiter für die nachhaltige Bauwirtschaft. Und wir sind dankbar für jeden Mitbewerber, der auch daran mitwirkt. Denn nur so können wir gemeinsam die Klimaziele erreichen", berichtet Andreas Engelhardt. (Quelle: M&T/J. Siehoff)

Sind Sie ein Klimaaktivist?

Wir verstehen uns als  Vorreiter für die nachhaltige Bauwirtschaft. Und wir sind dankbar für jeden Mitbewerber, der auch daran mitwirkt. Denn nur so können wir gemeinsam die Klimaziele erreichen. Wie wichtig uns das ist, beweisen wir mit unserer neuen Unternehmenszentrale. Das 'Schüco One' hat mehrere internationale Auszeichnungen erhalten, unter anderem die drei Nachhaltigkeitszertifizierungen DGNB-Platin, LEED-Platin und BREEAM-Excellent.

Beginnend bei der Planung eines Gebäudes: Welchen Beitrag kann eine CAD-Software wie 'SchüCal' zur Berechnung und Beeinflussung des CO2-Fußabdrucks leisten? 

Mit der Kalkulationssoftware SchüCal kann der bauteilspezifische CO2-Eintrag in Form einer EPD ausgegeben werden und in die Planung einfließen. EPDs, also Environmental Product Declarations, liefern wertvolle Informationen über unter anderem den CO2-Eintrag eines Bauproduktes. Deshalb bietet Schüco für seine eigenen Fassadenelemente sogar die EPD auf Knopfdruck. Damit liefert SchüCal über die generischen Daten hinaus ganz konkrete Informationen zu unseren Systemen, um mit unterschiedlichen Entwürfen für die Fassade den CO2-Eintrag zu simulieren und dahingehend zu optimieren. Mitberücksichtigt in der Kalkulation in SchüCal wird das gewählte Rohmaterial. Denn neben dem Standard-Aluminium können wir mittlerweile zwei neue Aluminiumgüten anbieten: Schüco Low Carbon und Ultra Low Carbon.

Wie können „intelligente Systeme“ in einem Gebäude den CO2-Verbrauch beim Betrieb verbessern ? 

CO2-reduzierende Produkte und intelligente Lösungen für die smarte Gebäudesteuerung helfen dabei, das Operational-Carbon, sprich den CO2-Ausstoß im Betrieb eines Gebäudes, zu reduzieren und die Wirtschaftlichkeit im Betrieb sicherzustellen. Dazu gehören beispielweise automatische Nachtauskühlung und ressourcenschonende Wärmerückgewinnung, effektiver Sonnenschutz und effiziente Wärmedämmung sowie BIPV, also bauwerkintegrierte Photovoltaik.

Am Ende des Lebenszyklus eines Gebäudes stellt sich die Frage nach möglichst ertragreichem Recycling der eingebauten Materialien. Inwieweit können Gebäude ein Rohstofflager der Zukunft sein? 

Die Wiederverwendung von Materialien und Ressourcen bietet großes Potential, CO2 einzusparen. Dafür ist es wichtig, Kreisläufe zu schließen, sodass Materialien, die in Umlauf gebracht werden, auch wieder zurückgenommen werden und als Wertstoffe der Zukunft dienen können. Als Gründungsmitglied des A|U|F [Aluminium und Umwelt im Fenster- und Fassadenbau e.V.] engagiert sich Schüco bereits seit 1995 für eine umweltfreundliche und ressourcenschonende Wiederverwendung und -verwertung des Wertstoffes Aluminium. Mit aktuell 76 Cradle-to-Cradle zertifizierten Systemen gehören wir zu den Vorreitern des Themas Kreislaufwirtschaft in der Baubranche.

Welche Fortschritte machen Sie mit Schüco auf dem Weg zur Klimaneutralität? 

Insbesondere in Zeiten zunehmender globaler Herausforderungen bleibt unternehmerischer Klimaschutz eine unserer wichtigsten Aufgaben. Dass wir uns in die richtige Richtung entwickeln, belegt unser Nachhaltigkeitsbericht 2021/2022. Denn obwohl wir unseren Umsatz um über 35 Prozent im Vergleich zu 2018 steigern konnten, lagen die Gesamtemissionen der Schüco-Gruppe im Jahr 2022 um 1,3 Prozent unter dem Referenzwert von 2018.

Was ist Ihr nächstes großes Etappenziel? 

Bei unseren unternehmensinternen CO2e-Einsparungsaktivitäten wollen wir uns in den nächsten Jahren vor allem auf den konsequenten Bezug von emissionsreduzierten Materialien konzentrieren, denn hier liegt unser größter Hebel. Aktuell setzt uns der Markt beim Einkauf CO2e-reduzierter Materialen Grenzen, die wir nicht beeinflussen können. Wir gehen aber davon aus, dass sich die Situation in den nächsten Jahren verbessern wird und dies unseren Corporate-Carbon-Footprint positiv beeinflussen wird. Außerdem wollen wir die Kreislaufwirtschaft in der Baubranche weiter voran treiben. Daher haben wir ein Rücknahmeversprechen gegeben, dass wir zukünftig alle Schüco-Elemente nach ihrer Lebensdauer zurücknehmen und die Materialien in den Kreislauf zurückführen.

Interviewsituation Schüco-Chef Andreas Engelhardt mit M&T-Redakteurin Yvonne Schneider
M&T-Redakteurin Yvonne Schneider interviewt Andreas Engelhardt. Er ist persönlich haftender Gesellschafter von Schüco International. (Quelle: M&T/J. Siehoff)

Welchen Beitrag kann der Metallbau leisten? 

Der Metallbau ist ein wichtiges Gewerk der Baubranche. Aluminium als Material in der Fassade hat den großen Vorteil, dass es unendlich oft recycelt werden kann ohne Qualitätsverlust. Damit kann es, eingesetzt in Cradle-to-Cradle-zertifizierten Systemen, einen großen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leisten.

Wie unterstützen Sie den Metallbauer dabei?

Unser bereits erwähntes Angebot Schüco Carbon Control ermöglicht es Verarbeitern, den CO₂-Fußabdruck von Fenstern, Türen und Fassaden zu steuern. Darüber hinaus helfen wir unseren Partnern bei der Umsetzung der Vorgaben der EU-Taxonomie. Die Taxonomie ist eine Verordnung, die die Reduzierung umweltschädlicher Treibhausgase vorantreibt und den klimafreundlichen Umbau aller Wirtschaftsaktivitäten fordert. Deshalb bieten wir unseren Kunden Beratung, Dienstleistungen und Services, um ihren Betrieb selbst nachhaltig aufzustellen und sie so sicher auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft zu begleiten.

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zuletzt editiert am 25. Januar 2024