Die Metalldesignerin, Influencerin und Speakerin Anna Sänger erreicht viele junge Menschen über die Sozialen Medien. Lesen Sie, was sie jungen Männern und Frauen rät, die sich für eine Ausbildung interessieren, und was sie den Chefs von Handwerksbetrieben rät, die dringend nach Azubis suchen.
Vita:
Anna Sänger
ist Metalldesignerin, Content Creatorin und erfahrene Beraterin für das Handwerk. Als Quereinsteigerin aus der Unternehmensberatung bringt sie eine einzigartige Perspektive in die Metallbranche ein. In ihrer Kölner Werkstatt fertigt sie individuelle Möbel aus Stahl und teilt ihre Leidenschaft fürs Schweißen und Handwerk auf Social Media.
Neben ihrer Beratertätigkeit, in der sie Unternehmen unterstützt, Fachkräfte durch gezieltes digitales Marketing und Social Media zu gewinnen, tritt Anna regelmäßig als Speakerin auf Messen und Events auf, um ihre Expertise zu teilen. Zudem ist sie regelmäßig im ZDF zu sehen, wo sie in einem monatlichen Format Möbelstücke entwirft und baut und damit das Handwerk einem breiten Publikum näherbringt.
Was hat dich dazu inspiriert, eine Karriere im Metalldesign einzuschlagen, und wie war dein persönlicher Weg in diese Branche?
Nach meinem BWL-Studium habe ich mehrere Jahre, als Unternehmensberaterin gearbeitet. Nach ein paar Jahren wurde mir klar, dass mir etwas fehlte: Ich wollte auch mit meinen Händen etwas Greifbares schaffen. Durch Zufall entdeckte ich das Schweißen und Möbelbauen. Aus einem Hobby wurde schnell eine Leidenschaft. Meine Projekte habe ich auf Social Media geteilt, weil ich wollte, dass sich mehr Menschen diese Arbeit zutrauen. Dadurch wurde ich sichtbar, und immer mehr Betriebe aus dem Metallhandwerk und der Industrie kamen auf mich zu, um Unterstützung bei ihrer Social-Media-Präsenz zu erhalten. Mit meiner Erfahrung als Unternehmensberaterin konnte ich sie gezielt unterstützen und mein Wissen im Handwerk stetig ausbauen.
Welche besonderen Herausforderungen hast du als Frau erlebt, und wie bist du damit umgegangen?
Wenn man sich etabliert hat und seine Fähigkeiten unter Beweis stellen konnte, wird man dafür respektiert – unabhängig vom Geschlecht. Das erfordert jedoch ein selbstbewusstes Auftreten, und genau hier sehe ich eine große Hürde. Viele junge Frauen, die vielleicht noch in der Ausbildung stecken, haben nicht immer die Möglichkeit oder den Mut, sich so stark zu behaupten. Deshalb ist es umso wichtiger, dass sich die Branche öffnet, fair agiert und jegliche Diskriminierung aufgrund des Geschlechts konsequent abbaut. Wir können es uns in Zeiten des Fachkräftemangels schlichtweg nicht leisten, talentierte Frauen abzuschrecken. Vielfalt macht jede Branche stärker – auch das Metallhandwerk.
Wie schätzt du die aktuelle Situation von Frauen im Metallhandwerk ein, und was müsste sich ändern, um den Anteil weiblicher Fachkräfte zu erhöhen?
Der Weisenrat der Bundesregierung hat Frauen, die in Teilzeit arbeiten oder gänzlich zu Hause bleiben, als einen der größten Hebel gegen den Fachkräftemangel identifiziert. Doch um dieses Potenzial zu nutzen, müssen wir die strukturellen Hürden abbauen. Neben veralteten Rollenbildern, die das Handwerk oft als „männlich“ darstellen, ist die Betreuungssituation von Kindern ein entscheidender Faktor. Viele Frauen könnten Berufe im Metallhandwerk in Betracht ziehen, wenn eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet wäre. Flexible Arbeitszeiten, mehr Betreuungsangebote und eine familienfreundliche Unternehmenskultur sind dafür essenziell.
Außerdem braucht es einen Imagewandel: Metallhandwerk und Schweißtechnik müssen moderner und attraktiver präsentiert werden. Es geht darum, die Vielfalt dieser Berufe sichtbar zu machen – nicht nur die Technik und Präzision, sondern auch die kreativen und gestalterischen Möglichkeiten. Kampagnen, die gezielt Frauen ansprechen, genderneutrale Kommunikation und Vorbilder aus der Branche können hier einen großen Unterschied machen.

Welche Rolle spielt Social Media für dich, um die Attraktivität des Metallhandwerks hervorzuheben und junge Menschen anzusprechen?
Social Media ist nicht nur wichtig – es ist unverzichtbar. Kein Weg führt daran vorbei, wenn es darum geht, das Metallhandwerk für eine jüngere Zielgruppe attraktiv zu machen. Junge Menschen informieren sich heute fast ausschließlich über digitale Plattformen, und wer hier nicht präsent ist, existiert in ihrer Wahrnehmung schlichtweg nicht.
Provozierend gesagt: Wer als Betrieb oder Branche auf Social Media verzichtet, sollte sich nicht wundern, dass keine Bewerbungen mehr kommen. Es reicht nicht mehr, eine Anzeige in der Lokalzeitung zu schalten. Wir müssen dort sein, wo die junge Generation ist – und das sind TikTok, Instagram und Co.
Welche Rückmeldungen erhältst du von deinen Followern – insbesondere von Frauen – zu deiner Arbeit und deinem Engagement als Influencerin?
Viele Frauen schreiben mir, dass ich sie inspiriere, das Metallhandwerk auszuprobieren und sich in männerdominierten Bereichen zu behaupten. Besonders berührt mich, dass ich während meiner Schweißkurse, bei denen viele Frauen teilgenommen haben, das Interesse an diesem Beruf wecken konnte. Bis heute erhalte ich regelmäßig Anfragen über Social Media, ob ich solche Kurse wieder anbiete.
Ich wünsche mir, dass noch viel mehr junge Frauen und Männer ihre Arbeit im Handwerk zeigen, denn die Branche ist so vielfältig – und es reicht nicht aus, wenn nur eine Anna Sänger ihre Projekte teilt.
Wie können Betriebe gezielt junge Frauen für Ausbildungsplätze im Metallbau gewinnen und fördern?
Betriebe können junge Frauen gewinnen, indem sie klar zeigen, dass sie willkommen sind. Das beginnt bei genderneutralen Stellenanzeigen und Social-Media-Auftritten, die den Betrieb modern und vielfältig präsentieren. Besonders wichtig: Frauen im Team sichtbar machen – ob als Auszubildende, Gesellin oder Meisterin. Diese Vorbilder zeigen, dass Frauen im Handwerk erfolgreich sein können.
Flexibilität bei Arbeitszeiten und eine offene Kommunikation zu beruflichen Perspektiven machen Betriebe zudem attraktiver. Wer jungen Frauen zeigt, dass sie wertgeschätzt werden, schafft nicht nur Vertrauen, sondern gewinnt engagierte und motivierte Fachkräfte.

Was sind deine langfristigen Ziele, sowohl beruflich im Metallbau als auch in deiner Rolle als Influencerin für das Handwerk?
Meine größte Motivation ist es, das Metallhandwerk attraktiver und moderner zu präsentieren. Ich möchte junge Menschen, insbesondere Frauen, inspirieren, einen Beruf in dieser Branche zu ergreifen, und veraltete Rollenbilder aufbrechen. Durch meine Arbeit auf Social Media und im Fernsehen, etwa in der ZDF-Reihe „Wohnen & Design“, möchte ich noch mehr Menschen erreichen – besonders Eltern, um zu zeigen, dass das Metallhandwerk ein sicherer, kreativer und zukunftsorientierter Beruf ist.
Beruflich liegt mein Fokus auch auf meiner Möbelmarke „rygal“, mit der ich die gestalterischen Möglichkeiten des Handwerks sichtbar mache. Ich möchte minimalistische und nachhaltige Designs schaffen, die zeigen, wie innovativ und vielseitig diese Branche sein kann. Ein weiteres Ziel ist es, meine Reichweite zu nutzen, um Betriebe und Nachwuchskräfte besser zu vernetzen. Dabei möchte ich Betrieben helfen, sich auf Social Media zu präsentieren, und gleichzeitig jungen Menschen die Vielfalt und Möglichkeiten im Handwerk näherbringen.
Was ist dein Lieblings-Metallprodukt, das du geschaffen hast? Und warum?
Mein Lieblingsstück ist eine Lichtskulptur, die ich für eine Auftraggeberin gebaut habe. Sie war so berührt, dass sie bei der Enthüllung in Tränen ausbrach. Die Skulptur hängt mitten in ihrem Haus, wo ihre Kinder und Enkelkinder direkt nebenan leben.
Es ist eine unglaubliche Wertschätzung, etwas zu schaffen, das so zentral im Lebensraum einer Familie hängt und sie über Jahre begleitet. Manchmal kann ich selbst kaum glauben, dass ich solche Dinge machen darf – es ist das Schönste an meiner Arbeit.