(November 2022) Metalle sind für nachhaltiges Bauen wenigstens unersetzbar – und tatsächlich sogar erste Wahl. Im Interview erläutert Sebastian Schiweck als Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands Feuerverzinken, wie diese Erkenntnis zum positiven Image des Werkstoffs beiträgt und warum er in der Politik zunehmend Unterstützung erlangt.


Welche Rolle spielt aus Ihrer Sicht der Korrosionsschutz beim Thema „Nachhaltigkeit beim Bauen“?
Der Korrosionsschutz spielt eine zentrale Rolle. Wenn wir über „Nachhaltigkeit beim Bauen“ sprechen, dann geht es vor allem um Dauerhaftigkeit, Wiederverwendbarkeit, Instandsetzbarkeit und Recycling. Wird Stahl feuerverzinkt, dann werden diese Kriterien zu 100 Prozent erfüllt. Beispielhaft möchte ich die Wiederverwendung nennen. Feuerverzinkter Stahl hält aufgrund seiner Dauerhaftigkeit und Robustheit auch Demontagen und erneute Montage schadensfrei stand. Dies unterscheidet das Feuerverzinken von anderen Korrosionsschutzsystemen.
Welche weiteren, wertvollen Argumente nutzen Sie, wenn Sie die Nachhaltigkeit des Werkstoffs Metall überzeugend darstellen möchten (zum Beispiel das Thema Recycling)?
Die stärksten Argumente sind natürlich die Dauerhaftigkeit und die Wiederverwendbarkeit. Wichtig ist aber auch die Möglichkeit des Neuverzinkens. In den Niederlanden werden beispielsweise seit kurzem gebrauchte Schutzplanken neuverzinkt, anstatt sie zu recyceln. Pro Meter neuverzinkter Schutzplanken werden so 112 Kilogramm CO2 eingespart. Bezogen auf mehr als 50.000 Autobahn- und Landstraßenkilometern in Deutschland, könnten durch Neuverzinken von Schutzplanken Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Das zeigt das Potenzial des Neuverzinkens. Um nicht missverstanden zu werden, ich habe nichts gegen Recycling, aber Langlebigkeit, Wiederverwendung und Instandsetzung stehen in der Nachhaltigkeitshierarchie über dem Recycling, weil dadurch deutlich weniger CO2 entsteht. Das gilt auch für feuerverzinkten Stahl, der beliebig oft ohne Qualitätsverlust recycelt werden kann.
Wie sehen nach Ihrer Erfahrung die Vertreter der deutschen Umwelt- und Wirtschaftspolitik den Werkstoff Metall?
Tendenziell würde ich sagen, erst einmal kritisch. Wenn man jedoch Politikern die Möglichkeiten und die Bedeutung des Werkstoffs Metall für die Nachhaltigkeitstransformation erklärt, dann erntet man positives Erstaunen und bekommt Unterstützung. Das gilt in besonderem Maße für feuerverzinkten Stahl, der alle kreislaufwirtschaftlichen Kriterien mit Bravour erfüllt. Auch ist zumeist nicht bekannt, dass ohne feuerverzinkten Stahl die Energiewende ausgebremst würde. Stromtrassen und regenerative Energien aus Wind und Solar sind ohne feuerverzinkten Stahl schlichtweg nicht möglich. Auch Innovationen wie Agri-Photovoltaik oder zukunftsweisende Projekte wie E-Highway setzen auf feuerverzinkten Stahl. Wenn man Politikern diese Sachverhalte darstellt, dann werden aus Kritikern schnell Fans. Das ist unsere Erfahrung.
Was können Lobbyisten der Metallbranche tun, um die Vorzüge ihres Werkstoffs und ihrer Produkte noch deutlicher zu machen?
Wenn man unter Lobbyismus Interessenvertretung in Politik und Gesellschaft versteht, dann sind für mich alle Menschen, die beruflich mit Metallen zu tun haben, auch Lobbyisten der Metallbranche. Jeder, der sich zugehörig fühlt, ist aufgefordert die Vorzüge von Metallen zu kennen und diese zu verbreiten. Gespräche mit Politikern auf städtischer Ebene, Kreis-Ebene, Landes-Ebene oder auch Bundes- oder Europa-Ebene sind wichtig, weil sie dazu beitragen Metalle besser zu verstehen.
Wie bringen Sie sich als Vertreter des Industrieverbandes Feuerverzinken in die Diskussion um Nachhaltigkeit und Klimaneutralität ein?
Als Verband bringen wir uns im Bereich der politischen Interessenvertretung auf Landes-, Bundes- und Europaebene in die Diskussion ein. Auch ist die Bündelung von Interessen wichtig. Wir arbeiten mit anderen Verbänden zusammen und beteiligen uns an relevanten Nachhaltigkeitsinitiativen. Unsere Mitglieder unterstützen wir mit vielfältigen Nachhaltigkeitsinformationen und munitionieren sie damit für die eigene Kommunikation. Von großer Bedeutung ist auch unsere Kommunikation in Leitmedien, Fachpresse und sozialen Medien.
Mit welchen Argumenten in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaneutralität kann ein Metallbauer aus Ihrer Sicht am besten bei seinen Kunden für seine Produkte werben?
Es sind die Argumente, die ich am Anfang des Interviews genannt habe: Langlebigkeit, Wiederverwendbarkeit, Instandsetzbarkeit und Recycling. Und ehrlich gesagt fällt mir kein anderer Werkstoff ein, der diese positiven Eigenschaften alle in sich vereint.
Abschließend eine Frage zur aktuellen Energiesituation. Wie geht die Feuerverzinkungsindustrie damit um?
Für die Feuerverzinkungsindustrie ist die Lage doppelt bedrohlich. Die hohen Energiepreise stellen eine enorme Kostenbelastung dar. Sollte es zu einem Gasstopp kommen, dann benötigen wir eine Vorlaufzeit von 7 bis 10 Tagen um unsere Anlagen kontrolliert runterzufahren. Ist die Vorlaufzeit kürzer, dann können Totalschäden an der Anlagentechnik die Folge sein. Wir versuchen über die Politik sicherzustellen, dass wir auch in einer Gasmangelsituation versorgt werden. Denn ohne Verzinkereien wird vieles stillstehen, weil Lieferketten gerissen werden. Davon wäre auch der Metallbau stark betroffen.