Ein Ingenieur arbeitet an einem Computer mit einem 3D-Modell auf einem Bildschirm und einem LCA-Bericht auf einem anderen Bildschirm.
In CAD- und BIM-Programmen enthaltene LCA-Funktionen ermöglichen eine nachhaltigere Planung und Fertigung . (Quelle: iStock AndreyPopov, Graphisoft)

Nachhaltigkeit 2025-07-30T10:41:03.777Z Ökologische Bauteilbewertung: Nachhaltiger planen und fertigen

PCF, LCA, EPD, DPP, DoP – wer sich als Metall-, Fenster- oder Fassadenbauer an nachhaltigen Projekten beteiligen will, kommt an diesen Abkürzungen nicht vorbei. Was bedeuten sie und welche Auswirkungen haben sie künftig auf die Praxis?

Angesichts einer weltweiten Rohstoff-Verknappung, Abfall-, Klima- und Umweltbelastung werden die Themen Ressourcenschonung, das nachhaltige und klimagerechte Planen und Bauen immer wichtiger. Kauf- und Investitionsentscheidungen orientieren sich zunehmend auch an der Öko- und Klimabilanz entsprechender Produkte und Dienstleistungen. Auch bei der Ausschreibung von Bauleistungen großer Bauprojekte oder Fördermaßnahmen spielt das Thema Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle. Andererseits sorgt eine Vielzahl von Regularien, Zertifizierungen, Standards und Vorgaben für Unsicherheit, auch im Bau- und Metallbauhandwerk.

Ein Querschnitt eines nachhaltigen Hausdesigns mit CO2-Emissionen in verschiedenen Bereichen.
Integrierte LCA-Softwaremodule können das Treibhausgaspotenzial von Bauteilen und Gebäuden transparent berechnen. (Quelle: Xeometric)

Rechtliche Rahmenbedingungen

Basierend auf dem „European Green Deal“-Konzept und einer Rahmenrichtlinie zur Kreislaufwirtschaft will die Europäische Union bis 2050 die europäische Wirtschaft und insbesondere auch den energie- und rohstoffhungrigen Bausektor nachhaltiger, ressourcen- und energieeffizienter gestalten. Mit der Ökodesign-Richtline und der Bauproduktenverordnung verfügt die EU über zwei wichtige Regularien, um Produkte und Produktionsprozesse auf eine Kreislaufwirtschaft vorzubereiten, die Rohstoffe und Produkte durch zirkuläres Wirtschaften intensiver nutzt, Abfälle minimiert und Ressourcen schont. Die Ökodesign-Richtlinie, die 2024 durch die EU-Verordnung für das Ökodesign nachhaltiger Produkte (ESPR) ersetzt wurde, ist ein zentraler Bestandteil des Europäischen Green Deals. Sie stellt Anforderungen an eine umweltgerechte und rohstoffsparende Gestaltung von nahezu allen Produkten in der EU. Auch in der 2025 novellierten Bauproduktenverordnung (BauPVO), die EU-Anforderungen an Bauprodukte in der sogenannten Leistungserklärung (Declaration of Performance, DoP) einheitlich definiert, werden Umwelt- und Nachhaltigkeitsanforderungen verstärkt berücksichtigt.

Ein modernes Architekturdesign mit mehreren Gebäuden in einer grünen Umgebung, ergänzt durch überlagerte Diagramme und Grafiken.
Tabellen, Grafiken und PDF-Berichte geben die Daten nachvollziehbar und übersichtlich aus. (Quelle: Xeometric)

Vom CO2-Fußabdruck …

Für die Bewertung der Nachhaltigkeit und der Umweltauswirkungen von Produkten stehen verschiedene Standards zur Verfügung – vom CO2-Fußabdruck (Product Carbon Footprint, PCF) über die Lebenszyklusanalyse (Life Cycle Assessment, LCA) und Umweltproduktdeklaration (Environmental Product Declaration, EPD) bis hin zum Digitalen Produktpass (Digital Product Passport, DPP). Während der CO2-Fußabdruck die Treibhausgasemissionen eines Produkts vom Rohstoff bis zum Werkstor (Cradle to Gate) oder über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg (Cradle to Grave) beschreibt und sich ausschließlich auf das Treibhauspotenzial fokussiert, berücksichtigt die Lebenszyklusanalyse alle wesentlichen Umweltauswirkungen eines Produkts oder einer Dienstleistung.

Ein modernes Architekturgebäude mit einem Energiediagramm im Vordergrund, das verschiedene Energieverbrauchsdaten anzeigt.
In Visualisierungsprogramme integrierte Add-ons ermöglichen eine Echtzeit-Analyse und Visualisierung der Energieeffizienz von Fassaden. (Quelle: Chaos)

Dazu gehören – von der Herstellung über die Nutzung bis hin zur Entsorgung – unter anderem auch die Ressourcennutzung, der Wasserverbrauch oder die Luftverschmutzung. Die Umweltproduktdeklaration bildet die Ergebnisse einer Lebenszyklusanalyse in standardisierter Form ab, basierend auf diversen ISO- und EN-Normen (ISO 14040, ISO 14025, EN 15804 etc.), und werden durch die Product Category Rules (PCRs), die produktspezifische Anforderungen definieren, ergänzt.

Eine EPD deklariert die Umweltwirkungen von Produkten und wird von unabhängigen Gutachtern geprüft. Sie gibt die für die Herstellung, Nutzung und Entsorgung notwendige Menge an Energie und Ressourcen und die entstehenden Emissionen und Abfälle von Materialien oder Bauteilen an. EPD-Angaben basieren auf Lebenszyklus-Analyseberechnungen von Baumaterialien und dienen als Datengrundlage für die Berechnung der Ökobilanz oder des Energieverbrauchs von Gebäuden, was Variantenvergleiche und Bewertungen der ökologischen Qualität in der Planungsphase ermöglicht. Sie werden zum Beispiel von Bewertungssystemen für nachhaltiges Bauen (BNB, DGNB) verwendet. Eine EPD ist aber kein Gütesiegel und sagt nichts über die ökologische Produktqualität aus.

… bis zum Digitalen Produktpass

Immer wichtiger für nachhaltige Bauprodukte und Projekte wird der Digitale Produktpass, der 2027 eingeführt werden soll. Dazu sammelt der DPP umfassende Informationen über die Herkunft, Herstellung, Nutzung, Reparierbarkeit und Entsorgung von Produkten, was eine transparente Bewertung während der gesamten Produkt-Lebensdauer ermöglicht. Über ein digitales Produktlabel in Form eines QR-Codes, NFC-Chips oder RFID-Tags lässt sich ein Produkt eindeutig identifizieren. Ein Weblink ermöglicht einen kostenfreien Zugriff auf die digitalen Produktdaten, die auch maschinenlesbar sind und damit in diversen Softwaresystemen weiterverarbeitet werden können.

Diagramm des digitalen Produktpasses, das den Informationsfluss zwischen Einzelhandel, Herstellern, Rohstoffproduzenten, Reparaturbetrieben und Abfallwirtschaft zeigt.
Der Digitale Produktpass sammelt Infos über die Herkunft, Herstellung, Nutzung, Reparierbarkeit und Entsorgung von Produkten und ermöglicht eine transparente und nachhaltige Bewertung während der gesamten Produkt-Lebensdauer. (Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUKN))

Bereits jetzt können eigenständige oder in CAD-, BIM- oder AVA-Programmen inte-
grierte Funktionen und Module für die Lebenszyklusanalyse oder die Bestimmung von CO2-Äquivalenten das Treibhausgaspotenzial von Projekten transparent berechnen und so deren Nachhaltigkeit nachweisen. Werden die digitalen Produktdaten mit einem BIM-Gebäudemodell verknüpft, lassen sich Gebäuderessourcenpässe weitgehend automatisiert generieren, Projekte hinsichtlich ihrer Umweltfolgen noch präziser einschätzen, Entwurfsvarianten vergleichen, Rohstoff- und Materialverbräuche optimieren, Bauteile effizienter warten und später wiederverwerten.

Was bedeutet das für die Praxis?

Die in den kommenden Jahren steigenden Anforderungen an das nachhaltige Bauen werden Hersteller und Verarbeiter von Bauteilen – etwa von Fenstern, Außentüren und Fassaden –, die an entsprechenden Ausschreibungen oder Förderprogrammen teilnehmen wollen, vor viele Herausforderungen stellen. Daten von komplexen, aus zahlreichen Materialien und Komponenten zusammengesetzten Bauteilen müssen gesammelt und entsprechende Nachweise wie eine Umweltproduktdeklaration erstellt werden. Dazu ist ein erheblicher zeitlicher und personeller Aufwand erforderlich, den das ohnehin schon unter Personalmangel und Dokumentationspflichten leidende produzierende Handwerk nicht leisten kann.

Produktdaten werden aktuell meist in Papierform oder als PDF dokumentiert und ausgetauscht. PDF-Daten können zwar elektronisch gespeichert werden, sind maschinell aber nicht verarbeitbar. Das bedingt einen hohen manuellen Dokumentationsaufwand, der nicht den Anforderungen einer modernen, nachhaltigen zirkulären Wirtschaft entspricht.

Umweltproduktdeklaration für Fenster und Hebeschiebeelemente aus Holz, dargestellt auf zwei Dokumentseiten.
Hilfestellung beim Nachweis der Nachhaltigkeit von Bauteilen bieten Muster-Vorlagen, die auf individuelle Fenster, Außentüren oder Vorhangfassaden übertragen werden können. (Quelle: ift Rosenheim)

Dazu sind weitgehend automatisierte Abläufe im Umgang mit Produktdaten erforderlich, die allerdings einheitliche Datenstandards und ein digitales Produktdaten-Management voraussetzen, die noch nicht durchgängig etabliert sind. Eine gewisse Hilfestellung beim Nachweis der Nachhaltigkeit von Bauteilen bieten bereits jetzt Muster-Vorlagen von Baustoff-, Bauteil- und Bauproduktherstellern oder von Instituten und Verbänden. So hat beispielsweise das Institut ift Rosenheim in Zusammenarbeit mit diversen Verbänden kostenpflichtige Muster-EPDs erstellt, die auf individuelle Fenster, Außentüren oder Vorhangfassaden aus allen üblichen Materialien übertragen werden können.

Glossar

  • LCA: Life Cycle Assessment. Lebenszyklusanalyse für die Bewertung von Baumaterialien oder Gebäuden nach ihren Umweltwirkungen während der Produktion, Nutzung und Entsorgung.
  • DPP: Digital Product Passport. Digitaler Produktpass für eine transparente Produktbewertung mit Informationen über die Herkunft, Herstellung, Nutzung, Reparierbarkeit und Entsorgung.
  • EPD: Environmental Product Declaration. Umweltdeklaration, die Informationen aus dem Lebensweg eines Produktes oder einer Dienstleistung zur Verfügung stellt, um Vergleiche zu ermöglichen.
  • PCF: Product Carbon Footprint. CO2-Fußabdruck, der die Treibhausgasemissionen eines Produkts vom Rohstoff bis zum Werkstor oder über den gesamten Produktlebenszyklus beschreibt.
  • DoP: Declaration of Performance. Ein zentrales Dokument der Bauproduktenverordnung (BauPVO), das die Leistung eines Bauprodukts in Bezug auf seine wesentlichen Merkmale beschreibt.
  • Graue Energie:  … bezeichnet die für die Produktion Lagerung und den Transport von Baustoffen, sowie den Rückbau und die Entsorgung eines Gebäudes aufzuwendende Energiemenge.
  • Nachhaltigkeit:  … steht für das Prinzip, ein regenerierbares Systems so zu nutzen, dass es im Wesentlichen erhalten bleibt und sein Bestand auf natürliche Weise nachwachsen kann.
  • Nachhaltiges Bauen: … strebt für alle Phasen des Lebenszyklus von Gebäuden eine Minimierung des Verbrauchs von Energie und Ressourcen sowie einen möglichst geringen CO2-Ausstoß an.
  • Weitere Infos (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
    – Fandrich, R.: Circular Economy braucht digitales Produktdaten-Management, Fachverband Metall Bayern, Garching, 2024
    – IHK Mittlerer Niederrhein: Digitaler Produktpass für Unternehmen, Krefeld, 2025
zuletzt editiert am 30. Juli 2025