Ein lächelnder Mann in einem Anzug steht vor einem unscharfen Hintergrund.
German Sternberger, ö.b.u.v. Sachverständiger aus Leimen, weiß: „Häufig fehlen frühzeitige Abstimmungen und eine klare Kommunikation über die Machbarkeit.“ (Quelle: M&T)

Interviews mit Branchenpartnern 2025-10-09T06:41:36.510Z Sachverständigen-Interview: „Transparenz schafft Akzeptanz“

Geländer und Umwehrungen gehören zu den sensibelsten Bauteilen im Metallbau. Wo lauern die typischen Stolpersteine, und wie können Metallbauer sie vermeiden? Darüber haben wir mit dem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen German Sternberger aus Leimen gesprochen, der seit Jahren Schadensfälle im Metallbau begutachtet.

Welche typischen Schadensfälle oder Mängel begegnen Ihnen bei Geländern und Umwehrungen in Ihrer täglichen Arbeit als Sachverständiger?

Am häufigsten geht es um optische Streitpunkte. Viele Probleme gibt es beim Thema Befestigungstechnik, Statik und Gebrauchstauglichkeit. Geländermaße stimmen nicht mit den Vorgaben der Regelungen überein, Toleranzen werden nicht beachtet. Das kann gravierende sicherheitsrelevante Folgen haben, vor allem in Wohnanlagen, Kitas oder Schulen. Auch optische Mängel wie ungleichmäßige Schweißnähte oder unsaubere Oberflächen sind ein ständiges Thema. Nicht selten geht es außerdem um Korrosionsschäden, die durch falsche Materialwahl oder Fertigungs- und Montagemängel entstehen.

Welche normativen Anforderungen werden in der Praxis am häufigsten missachtet oder übersehen?

Die Landesbauordnungen schreiben verbindliche Geländerhöhen und weitere Maximal- oder Minimalmaße vor – und genau hier passieren viele Fehler. In der DIN 18065 sind die maßlichen Vorgaben sehr detailliert formuliert. Oft sehe ich Verstöße gegen die Regelungen zur Durchsturzsicherheit oder zu den lichten Abständen. Es gibt keine statische Dimensionierung. Die DIN EN 1090 wird ebenfalls nicht immer konsequent umgesetzt: Nachweise für Schweißarbeiten oder Prüfungen fehlen, und die werkseigene Produktionskontrolle ist lückenhaft. Kurz: Die Regelungen sind bekannt, aber ihre Bedeutung wird im hektischen Alltag unterschätzt.

Wo liegen die größten Stolpersteine in der Fertigungsphase – eher bei der Materialwahl, beim Schweißen oder den Oberflächen?

Alle drei Bereiche bergen Risiken. Bei den Oberflächen sehe ich oft unsaubere Beschichtungen oder Rost- und Beizspuren durch unsachgemäße Montage. Beim Schweißen führen fehlende Qualifikation und mangelnde Nachkontrolle zu fehlerhaften Nähten. Bei der Materialwahl wird häufig auf nicht ausreichend korrosionsbeständige Ausführungen zurückgegriffen. Allerdings ist aus meiner Sicht die Standsicherheit und hier im Speziellen die Befestigungstechnik die größte Gefahrenquelle und Schadensursache.

Ein Riss in einer Betonwand, der durch eine Metallhalterung verläuft.
Gefährlich: Ein typischer Fall von zu geringen Randabständen bei der Befestigung. Das Versetzen der Anker macht die Befestigung auch nicht sicherer – im Gegenteil. (Quelle: German Sternberger)

Inwiefern entstehen Probleme durch die Schnittstelle zwischen Planung und Ausführung – also wenn Architektenvorgaben und handwerkliche Realität auseinanderklaffen?

Das ist ein Dauerbrenner. Architekten planen häufig sehr filigrane Konstruktionen, die sich statisch oder normativ kaum umsetzen lassen. Der Metallbauer steht dann in der Zwickmühle: Soll er den Auftraggeber verärgern, indem er auf Vorschriften verweist, oder einfach bauen wie geplant? Als Sachverständiger rate ich ausschließlich zur regelgerechten Ausführung. Häufig fehlen frühzeitige Abstimmungen und eine klare Kommunikation über die Machbarkeit. Viele Streitfälle ließen sich vermeiden, wenn die Metallbauer schon in der Planungsphase stärker einbezogen würden.

Welche Rolle haben Auftraggeber und Bauherren – fehlen hier oft Verständnis und klare Kommunikation über notwendige Standards?

Ja, ganz eindeutig. Bauherren und Auftraggeber haben meist klare Vorstellungen vom Design, aber wenig Bewusstsein und Wissen über die sicherheitsrelevanten Vorschriften und für die statische Auslegung. Kommt es zu Konflikten, heißt es schnell: „So habe ich mir das nicht vorgestellt.“ Hier ist genaue Aufklärung gefragt. Wenn Metallbauer ihre Kunden frühzeitig über Normen, Toleranzen und technische Randbedingungen informieren, lassen sich spätere Diskussionen und Streitigkeiten vermeiden. Transparenz schafft Akzeptanz – auch wenn das Ergebnis manchmal anders aussieht als die erste Skizze.

Zum Schluss: Welchen wichtigen Praxistipp würden Sie Metallbauern mitgeben, um teure Nachbesserungen und Streitigkeiten zu verhindern?

Mein wichtigster Rat lautet: Dokumentieren und kommunizieren. Es lohnt sich, Regelungen nicht nur einzuhalten, sondern sie auch aktiv zu erklären: dem Bauherrn, dem Architekten und im Zweifel auch dem Gericht. Wer frühzeitig auf mögliche Konflikte hinweist und diese schriftlich festhält, ist später auf der sicheren Seite. Und nutzen Sie dazu unbedingt das Fachregelwerk Metallbauerhandwerk – Konstruktionstechnik als Argumentationshilfe. Die perfekte Ergänzung dazu sind die über 700 Schadensfälle aus der Schadensfalldatenbank (www.schaeden-im-metallbau.de).

Ein modernes Metallgeländer mit einem minimalistischen Design, das sich in eine grüne Umgebung einfügt.
Unschön: Das war bestimmt nicht die Vorstellung des Bauherrn zu seinem Geländer. Vorherige genaue Absprachen können Ärger vermeiden. (Quelle: German Sternberger)

„Mein wichtigster Rat lautet: Dokumentieren und kommunizieren.“

ö.b.u.v. German Sternberger

zuletzt editiert am 09. Oktober 2025