An einer Fensterkonstruktion kam es nach relativ kurzer Zeit zu Durchfeuchtungen nach innen. Schuld war die mangelhafte Abdichtung der „falsch herum“ eingebauten Konstruktion.
Die Fensterkonstruktionen im Erdgeschoss eines Gebäudes waren im Zuge einer Schadstoffsanierung ausgetauscht worden. Nach relativer kurzer Zeit kam es über die Sockelkonstruktion beziehungsweise über die Profilstöße der Fenster an zwei Stellen zu Durchfeuchtungen nach innen.
Der Sachverständige hatte die Aufgabe, die Konstruktion zu bewerten, mögliche Planungs- und/oder Ausführungsmängel festzustellen und Maßnahmen zur Ertüchtigung vorzuschlagen.
Achten Sie auf die Dichtungsebenen
Beim Ortstermin wurden die fraglichen Fensterbereiche bewässert und geöffnet.
Die ausgetauschten Fensterelemente waren als geschosshohe und hinter den außenliegenden Gebäudestützen durchlaufende Fensterbänder (insgesamt 27 Einzelelemente) in einer Pfosten-Riegel-Kon-
struktion hergestellt.
In einer derartigen Konstruktion ist das Prinzip der zwei Dichtungsebenen wie in allen Außenbauteilen zu beachten. Dies wird zum einen durch eine innere Dichtungsebene mit Drainagekanälen zur Ableitung von anfallendem Kondens- beziehungsweise eingedrungenem Regenwasser und zur notwendigen Falzbelüftung umgesetzt. Zum anderen gibt es eine äußere Dichtungsebene im Anpressbereich zwischen Andruckleiste und Ausfachung.
Dieses Abdichtungsprinzip war bei den beanstandeten Fensterelementen in Form einer Pfostenentwässerung konzipiert. Die Feuchte und das eingedrungene Regenwasser sollten hier über die Pfosten-Riegel-Anschlüsse in Drainagenuten der Pfosten geführt und an deren Fußpunkten über eine hinterschneidende Gebäudeabdichtungsebene nach außen abgeleitet werden. Läuft Wasser hinter die innere Dichtungsebene, führt das unweigerlich zu Wasserschäden.
Eine entscheidende Besonderheit war bei dem Fensterband der „falsch herum“ erfolgte Einbau mit tragenden Pfosten-Riegel-Profilen nach außen und den verschraubten Andruckleisten sowie Abdeckprofilen nach innen. Das hatte unter anderem zur Folge, dass die eigentlich innenliegende Glasandruckdichtung nunmehr als bewitterte Außendichtung funktionieren musste. Sie musste die Leistungsanforderung an die Schlagregendichtheit erfüllen. Auch musste der durchlaufende Sockelpunkt mit dem Anschluss der Dichtungsebene auf dem darunterliegenden Tiefgaragendach für das aus den Drainagekanälen der Pfosten abzuführenden Wassers nach innen geführt werden. Dies war allerdings bei der Planung konzeptionell berücksichtigt worden.
Berücksichtigen Sie die Wasserführung

Nach der Bewässerung der Anschlussfuge des Blendrahmens der Drehkippfenster war eine tropfenförmige Durchfeuchtung innen in der Ecke der Pfosten-Riegel-Konstruktion festzustellen. Nach dem Öffnen der Deck- und Andruckleiste zeigte sich deutlich Feuchtigkeit im Falz. Das war der Beleg dafür, dass das im Drainagesystem des Pfostenprofils ablaufende Wasser nicht komplett nach außen über die eingespannte Folie abgeführt werden konnte. Wasser lief auch innen an der Folie ab und drang so in den Fußboden im Raum ein.
Die Bewässerungen der Fenster- und Glasflächen sowie des direkten Sockelanschlusses verursachten keine Durchfeuchtungen nach innen.
Ursache für den Schaden war die „falsch herum“ eingebaute Pfosten-Riegel-Konstruktion in Verbindung mit der ungeschützten Einbausituation der Fassade in der Außenwandebene. Das bei Winddruck und Regen an der Fensterebene auftretende Wasser konnte aufgrund der neigungslosen und tiefen Riegelprofile nicht ablaufen, sondern drückte in die Feldecken der Pfosten-Riegel-Konstruktion. Dies war unter anderem auch gut an den Schmutzablagerungen erkennbar. Die bei üblicher Ausführung eigentlich in der Innenseite eingebauten Dichtungsbänder zur Glasanlage waren nicht für diese Belastung ausgelegt.
Denken Sie an die mandatierten Leistungseigenschaften

Für die umgedreht eingebaute Fensterkonstruktion in Pfosten-Riegel-Bauweise lag als Sonderkonstruktion kein Leistungsnachweis und keine CE-Kennzeichnung vor. Das war grundsätzlich ein Verstoß gegen die DIN EN 14351-1 Fenster und Türen; Produktnorm, Leistungseigenschaften; Teil 1: Fenster und Außentüren.
Gesetzlich ist in Deutschland der Nachweis für folgende mandatierte Eigenschaften zu führen:
- Widerstandsfähigkeit gegen Windlast,
- Schlagregendichtheit,
- bei beheizten Wohngebäuden zum Zeitpunkt der Ausführung gemäß EnEV der Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert),
- Strahlungseigenschaften von Glas (G-Wert),
- Luftdurchlässigkeit.
Die dem Auftrag zugrundeliegenden Leistungsverzeichnisse forderten eine Schlagregendichtheit der Klasse 9A nach DIN EN 12208. Das war bei der umgedreht eingebauten Systemkonstruktion nicht geprüft worden und war auch stark anzuzweifeln. Die übrigen Leistungseigenschaften waren zwar auch nicht zertifiziert, deren Erreichen war jedoch nicht fraglich.
Die nur eingeschränkt funktionsfähige innere Dichtungsebene der „umgedrehten“ Pfosten-Riegel-Konstruktion konnte nur begrenzt ertüchtigt werden. Bei den nunmehr als äußere Dichtungsebene wirkenden Abdichtungen zwischen den Ausfachungen und dem Rahmenwerk der Pfosten-Riegel-Konstruktion hielt der Sachverständige jedoch eine Ertüchtigung möglich, sodass eine ausreichende Gebrauchstauglichkeit zu erreichen war. Allerdings handelte es sich auch nach der Ertüchtigung noch um eine Sonderkonstruktion ohne Nachweis der Leistungseigenschaften.
Fazit: Ertüchtigen Sie die Konstruktion
Zwei Maßnahmen zur Ertüchtigung wurden vom Sachverständigen vorgeschlagen:
- Die tiefen Fugen zwischen den Pfosten-Riegel-Profilen und den Blendrahmen der Drehkippfenster waren durch einspritzbare PU-Dichtmasse zu schließen. Dazu waren umlaufend je Feld auf den Pfosten-Riegel-Profilen befestigte Winkelprofile zwanzig mal zwanzig mal zwei Millimeter mit einem Abstand von acht Millimetern vorzusehen.
- Die unteren Riegel der Felder mit den festen Glas- und Paneelausfachungen waren zusätzlich abzudichten. Auch hier waren Winkelprofile vorzusehen. Die Fugen mussten dann versiegelt werden.
Zusatzinfos
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Fachregelwerk: Wichtige Informationen zum Thema finden Sie im Fachregelwerk Metallbauerhandwerk – Konstruktionstechnik in den Kapiteln 1.3.1.2.4.5 CE-Kennzeichnung, 1.5.3 Feuchte und Feuchteschutz, 2.8.2.5 Pfosten-Riegel-Konstruktionen. Weitere Informationen zu den Büchern und zum Fachregelwerk erhalten Sie beim M&T-Kundenservice, E-Mail rudolf-mueller@vuservice.de oder von Mo-Fr von 7:30 bis 17 Uhr per Telefon unter 06123 9238 274.
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Baujahr: 2021
Schadensjahr: 2022