Der Sachverständige hatte vom Gericht den Auftrag, ein freitragendes Schiebetor (einschließlich der Zaunanlage) an einer Grundstückseinfahrt zu begutachten. Er sollte prüfen, ob das Tor normgerecht gefertigt und montiert worden war.
Zentrale Punkte der Untersuchung des Sachverständigen waren vor allem die Qualität der Feuerverzinkung und der Pulverbeschichtung und die kräftigen Geräusche beim Öffnen und Schließen des Tores.
Der Auftraggeber hatte eine feuerverzinkte und pulverbeschichtete Zaunanlage, inklusive einer Eingangspforte, elektrischem Schiebetor, komplett mit Sockel, Betonfundament und Erdarbeiten bestellt.
Der Sachverständige machte beim Vor-Ort-Termin folgende Feststellungen: Das Schiebetor war vom ausführenden Betrieb zwischenzeitlich gekürzt und neu angeschweißt worden. Es ließ sich per Fernbedienung öffnen und schließen. Zwei Drittel des Tores bewegten sich dabei leicht und leise, das letzte Drittel war sehr schwergängig. Dies machte sich durch ein starkes Quietschen und Rütteln bemerkbar. Der Motor wurde faktisch überbeansprucht, um das letzte Drittel zu öffnen beziehungsweise zu schließen. Dabei entstanden sehr laute Geräusche. Das Öffnen mit dem Schlüssel war aufgrund der Anordnung des Schlüsselschalters nur deutlich eingeschränkt möglich.
Viele kleinere Beanstandungen

Die Schichtdickenmessungen ergaben, dass das gekürzte Schiebetor nicht vollständig feuerverzinkt und pulverbeschichtet war. Es wurden Schichtdicken zwischen 36,1 Mikrometer und 363 Mikrometer gemessen. Das vorhandene Originalteil des Schiebetores wies Schichtdicken zwischen 230 Mikrometer und 334 Mikrometer auf. Der modifizierte Teil hatte eine Schichtdicke von 36,1 Mikrometern bis 336 Mikrometern. Im Bereich des geänderten Schiebetoranschlusses sowie an den Befestigungsschrauben war erheblicher Rostansatz erkennbar. Am Originaltor war Flugrost vorhanden. Die unsachgemäßen Trennstellen sowie die unsachgemäßen Schweißnähte waren ebenfalls deutlich erkennbar.
Senkschrauben wurden in nicht versenkte Löcher geschraubt. Schraubenköpfe wurden vor Ort abgetrennt und nicht nachbearbeitet, Kunststoffabdeckkappen fehlten teilweise.
Beachten Sie die maßgeblichen Regeln

Die vorliegende freitragende Bauart des Schiebetores hat sich aufgrund der hohen Laufqualität und der zuverlässigen Funktion bei Wind, Schnee, Eis und Streumittel gegenüber dem bodenlaufenden Tor durchgesetzt. Schiebetore dieser Bauart lassen sich leicht von Hand oder elektrisch ohne große Geräusche bewegen. Zusätzlich zu den Tordokumenten ist eine Statik für das Betonfundament inklusive der Randberechnung für die Befestigungsschrauben vorzulegen. Nach der DIN 18360 ist vor Beginn der Arbeiten eine Zeichnung zur Freigabe durch den Bauherrn vorzulegen. Nach Abschluss der Arbeiten ist von der ausführenden Firma das Prüfprotokoll zur Inbetriebnahme ausgefüllt und unterschrieben zu übergeben. Dazu gehört auch eine umfassende Einweisung inklusive des Hinweises auf mögliche Unfallgefahren und dem Angebot eines Wartungsvertrages. Sämtliche elektrische Teile müssen den VDE-Vorschriften entsprechen. Der elektrische Anschluss darf nur von einer Elektrofachkraft vorgenommen werden. Strom- und Steuerleitungen sind getrennt zu verlegen, um Störungen zu vermeiden.
Übergeben Sie die richtigen Unterlagen

Mit dem Einbau des Tores am Betriebsort erfolgt die Übergabe an den Nutzer beziehungsweise Betreiber. Die Toranlage wird vom montierenden Unternehmen in Verkehr gebracht. Damit gilt die Liefer- und Montagefirma als Hersteller.
Bei der Übergabe der Anlage sind folgende Aufgaben zu erfüllen:
- Einweisung des Betreibers in die Anlage,
- Prüfprotokoll für die Inbetriebnahme,
- Hinweis auf bestehende Restgefahren der Anlage,
- Anbringung des CE-Kennzeichens,
- Übergabe der entsprechenden Dokumentation,
- Hinweis auf die Verpflichtung zur Wartung und Prüfung.
Lassen Sie richtig beschichten

Das Prüfprotokoll für die Inbetriebnahme des Schiebetores war nicht ausgefüllt worden. Des Weiteren wurde kein Wartungsvertrag für das Schiebetor angeboten. Wiederkehrende gesetzliche Prüfungen durch befähigte Personen sowie Schließkraftmessungen waren nicht durchgeführt worden. Ohne ausgefülltes Prüfprotokoll mit Hinweis auf die Wartung und mögliche Unfallgefahren darf dieses Schiebetor nicht betrieben werden.
Das Duplex-Beschichtungssystem muss nach der DIN 55633 und der DIN EN 1090 nach der Feuerverzinkung mindestens zweimal vierzig Mikrometer betragen. Die Schichtdicke des Duplex-Systems des ursprünglichen Schiebetores war ausreichend. Beim modifizierten Teil reichte die Schichtdicke nicht aus. Das war auch deutlich an den Rostspuren zu erkennen.
Fazit: Demontieren und komplett neu fertigen
Der Sachverständige stellte fest, dass eine Reihe der geforderten Punkte von der ausführenden Firma nicht umgesetzt worden war. Deshalb war die Frage des Gerichtes nach der normgerechten Ausführung und Montage des Tores zu verneinen. Das integrierte Schiebetor mit elektrischem Antrieb entsprach nicht dem Stand der allgemeinen technischen Regeln im Metallbauerhandwerk.
Das komplette Schiebetor musste ausgebaut und entsorgt werden. Ein neues Tor musste angefertigt und sach- und fachgerecht eingebaut werden. Die entsprechenden Tordokumente waren zu übergeben, und der Nutzer war einzuweisen.
Darüber hinaus mussten alle Trennschnitte an den Zaunelementen fachgerecht nachgearbeitet werden, um weitere Schäden zu vermeiden. Für die Betonfundamente und für die Befestigung und Ausführung der Schrauben im Randbereich lagen keine statischen Berechnungen vor. Diese waren nachzureichen. Alle fehlerhaften und beschädigten Schraubverbindungen waren auszutauschen. Schrauben kleiner M12 sind im Eurocode nicht geregelt. Galvanisch verzinkte Schrauben sind im Außenbereich nicht zulässig.
Zusatzinfos
Wo Sie mehr erfahren!
Handwerkerradio: Mehr aktuelle Schadensfälle können Sie im Handwerkerradio (im Internet unter www.handwerker-radio.de) hören. Dort werden regelmäßig unter anderem interessante Schadensfälle aus dem Metallbau besprochen.
Schadensfälle: Eine Reihe von Schadensfällen zum Thema ist in den Bänden 1 bis 6 „Schäden im Metallbau“ aus der RM Rudolf Müller Medien enthalten. Recherchieren können Sie auch auf der Schadens-Homepage www.schaeden-im-metallbau.de.
Fachregelwerk: Wichtige Informationen zum Thema finden Sie im Fachregelwerk Metallbauerhandwerk – Konstruktionstechnik in den Kapiteln 1.8.2.1.3.1 Feuerverzinken und 2.27.1 Schiebetore. Weitere Informationen zu den Büchern und zum Fachregelwerk erhalten Sie beim M&T-Kundenservice, E-Mail rudolf-mueller@vuservice.de oder von Mo-Fr von 7:30 bis 17 Uhr per Telefon unter 06123 9238 274.
Podcast: Spannung für die Ohren und den Kopf verspricht der M&T Podcast mit einem hörbaren Einblick in zahlreiche Schadensfälle. Verfügbar sind bereits über fünfzig Fälle auf allen gängigen Podcast-Plattformen wie Anchor, Apple Podcast, Spotify oder Google Podcast.
Baujahr: 2023
Schadensjahr: 2023