(Mai 2022) Im April ist der fünfte Band der Schadensfallbuchreihe erschienen. Im Mittelpunkt stehen diesmal Treppen und Geländer. Zu Hintergründen, Fehlerquellen, Fehlervermeidungsstrategien und Nutzwertigem haben wir einen der Mitautoren, den ö.b.u.v. Sachverständigen German Sternberger, befragt.
Der neue Band der Buchreihe befasst sich ausschließlich mit Fällen aus dem Bereich der Treppen und Geländer. Warum ist dieses Segment so wichtig für den Metallbauer?
Treppen und Geländer sind ein wichtiger, oft nachgefragter Produktbereich im Metallbaugewerbe und gleichzeitig ist es auch ein Bereich über den leider zu oft gestritten wird. Für Kunden haben Treppen und Geländer häufig einen repräsentativen Charakter. Bei Ortsterminen merkt man das immer wieder an den aufkommenden Emotionen. Außerdem ergeben sich in diesem Segment eine Vielzahl von Fehlerquellen. Das betrifft das Thema Statik genauso wie die Themen maßliche und optische Toleranzen. Dazu unterliegen Treppen und Geländer teilweise unterschiedlichen Regelungen, zum Beispiel je nach Standort in einem Bundesland. Gleichfalls entscheiden die Einsatzbereiche der Produkte, wie Privat- oder Öffentlichkeitsbereich, Arbeitsstätten, Schulen, Kindergärten, Versammlungsstätten, etc. über die konstruktiven Anforderungen, die für den jeweiligen Bereich einzuhalten sind. All dies erschwert den Überblick über die einzuhaltenden Regelungen und rechtfertigt die Entscheidung zu einem neuen Themenbuch, das mit anschaulichen Schadensfällen an Treppen und Geländern Möglichkeiten bietet, aus diesen Kapiteln nützliche Erkenntnisse zu ziehen.
Warum wird da so viel falsch gemacht?
Über Treppen und Geländer wird häufig gestritten. Aber nicht in jedem Fall sind die Einsprüche auch berechtigt. Dies zeigt sich eindrücklich im Kapitel „Hinzunehmende Unregelmäßigkeiten“ im Buch, wie in vielen weiteren Fällen. Wenn man die Schadensfälle analysiert, gewinnt man den Eindruck, dass die Schadensursachen sehr vielschichtig sind. Folglich gibt es keine pauschale Antwort darauf, warum so viel falsch gemacht wird. Es ist eher gerade die Vielzahl an möglichen Fehlernquellen, die oft bestimmte Fehler bei Treppen und Geländern verursachen.
Welches sind die häufigsten Fehler, die Sie als Sachverständiger an Treppen und Geländern vorfinden?
In meinem Schadensfallfundus aus der mehrjährigen Praxis ist das etwa zweigeteilt. Bei Geländern liegen die Fehler am häufigsten im Bereich der Standsicherheit und der Befestigung, gefolgt von optischen Beanstandungen. Bei Treppen halten sich die Bereiche Statik, Optik und maßliche Toleranzen etwa die Waage, gefolgt von Schweiß- und Verzinkungsfehlern.
Wie ließen sich diese Fehler vermeiden?
Aus meiner Sicht beginnt die Fehlervermeidung grundlegend schon mit einem guten Kundengespräch, sozusagen mit einer genauen Leistungsbeschreibung. Es folgt ein akribisches Aufmaß und eine durchdachte Projektplanung. Wenn jetzt noch gut geschultes Personal eingesetzt wird und die vereinbarten technischen Regeln eingehalten werden, werden viele Fehlerquellen schon weitgehend ausgeschlossen.
Warum ist es so wichtig, keine Treppe oder Geländer ohne Statik zu bauen?
Treppen und Geländer sind Bauprodukte, die dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut werden. Die Landesbauordnungen aller Bundesländer fordern die Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit dieser baulichen Anlagen. An einem Standsicherheitsnachweis führt deshalb kein Weg vorbei. Übrigens, in den Schadensfällen zeigt sich häufig eine Diskrepanz zwischen den Annahmen der statischen Berechnung und den Gegebenheiten vor Ort. Ebenso oft liegt nur eine unzureichende Statik vor, beispielsweise in Form eines einfachen Nachweises der Befestigung. Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass die tatsächliche Herstellung vor Ort auch den Ausführungen der vollständig vorliegenden Statik entsprechen muss.
Was ist beim Thema Toleranzen zu beachten?
Zunächst stellt sich die Frage, werden oder wurden Toleranzen vertraglich vereinbart? Oder gibt es möglicherweise ein Grenzmuster, zum Beispiel in Form eines Geländersegments? Wenn ja, dann sind diese Vertragsbestandteile Grundlage für die Herstellung und eben auch für eine spätere Bewertung. Andererseits stellt sich die Frage, was gilt, wenn nichts vereinbart wurde? Dabeierfordert es dann die Kenntnis über die anzuwendenden „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ zum Zeitpunkt der Herstellung.
Was raten Sie einem Metallbauer, damit seine Treppen und Geländer regelgerecht sind?
Das ist natürlich ein sehr komplexes Thema und mit den vielfältigsten Details versehen. Aber gerade wegen der unterschiedlichen Regelungen sollte man grundsätzlich den späteren Standort und den genauen Einsatzzweck der Bauteile kennen. Genauso wichtig ist die Berücksichtigung der Gebäudearten und die daraus resultierenden bauphysikalischen und konstruktiven Anforderungen an die einzubauenden Treppen und Geländer. Nicht zu vergessen sind zudem beispielsweise die werkstoffspezifischen Bearbeitungsverfahren. Wer zum Beispiel Glasgeländer oder gar Glasstufen an Treppen montiert braucht weitere spezialisierte Kenntnisse. Letzen Endes ist es wichtig, dass man sein Metier kennt und beherrscht. Das erfordert stetige Fort- und Weiterbildung.
Wo kann man sich Hilfe und Unterstützung holen?
Zunächst ist die Investition in Fort- und Weiterbildung sehr gut angelegtes Kapital. Aber darüber hinaus bietet sicherlich die beste Unterstützung mit einem wirklichen Mehrwert das Fachregelwerk Metallbauerhandwerk – Konstruktionstechnik. Die regelmäßigen Aktualisierungen, die stetigen Verweise auf die geltenden technischen Richtlinien und der Zugang zu den wichtigsten Normen sind aus meiner Sicht nahezu unverzichtbar. Gerade im Bereich Treppen und Geländer mit den vielfältigen unterschiedlichen Regelungen ist man auf der sicheren Seite. Bei sehr individuellen Fragen hilft der Verband mit seinen Beratern oder eben wir Sachverständige aus. Und letzten Endes lernt man auch aus den Fehlern von Anderen durch das Lesen der Schadensfälle aus den Büchern der Schadensfallreihe oder aus der Schadensfalldatenbank unter www.schaeden-im-metallbau.de.
Sie haben als Autor eine Reihe von Fällen für den jüngsten Band und auch für die anderen Bücher beigesteuert. Was macht die Schadensfallbuchreihe so wertvoll für den Leser?
Auch ich selbst lese mit Interessen die Schadensfälle meiner Mitautoren. Es ist enorm, wie vielfältig das Repertoire an Fehlerquellen und Streitpunkten ist. Die Bandbreit der Fälle geht von der dilettantischen Ausführung bis an die Grenzen der Toleranzen. Sie geht von offensichtlichen Mängeln bis hin zu Fehlstellen, die nur mit Spezialwissen aufzudecken sind. Das macht die Buchreihe so spannend zum Lesen. Durch die Schadensfallanalysen und die Vorschläge zur Schadensvermeidung und -beseitigung ergibt sich der Lerneffekt für Jedermann. Einen weiteren Mehrwert bieten die Bücher im zweiten Teil mit wichtigen Zusatzinformationen.
„Die Fehlervermeidung beginnt schon mit einem guten Kundengespräch und mit einer genauen Leistungsbeschreibung.“
ö.b.u.v. Sachverständiger German Sternberger