(Mai 2021) Frauen ergreifen seltener technische Berufe und obwohl sie einige spannende Eigenschaften mitbringen. Warum Frauen gerade in diesen Berufen erfolgreich sein können und was sie von einer Frauenquote hält, haben wir Kerstin Malich von Assa Abloy Sicherheitstechnik gefragt. Seit Anfang 2021 ist sie Regionalvertriebsleiterin Süd.
Warum sind Frauen in technischen Berufe genau richtig?
Ohne meinen männlichen Kollegen zu nahe treten zu wollen, sind Frauen meines Erachtens deshalb so erfolgreich in technischen Berufen, weil sie die Themen und technischen Sachverhalte eines Projekts einfach anders angehen. Ein Projekt wird in der Regel umsichtiger und objektiver von allen Seiten und Perspektiven aus beleuchtet. Da ist nicht so viel Testosteron im Spiel, die „mit dem Kopf durch die Wand“-Mentalität ist weniger stark ausgeprägt – vor allem wenn mehrere Stakeholder und Projektbeteiligte im Spiel sind.
Warum gibt es vergleichsweise wenig Frauen in technischen Berufen?
Das ist eine gute Frage, die gar nicht so pauschal zu beantworten ist. Fakt ist, es sind immer noch zu wenige Frauen, die einen technischen Berufsweg einschlagen. Neben mangelnder Affinität liegt ein weiterer Grund mit Sicherheit an den fehlenden Motivationsanreizen zur Ausbildung in einem technischen Berufsumfeld. Das hat viel mit der eigenen Erziehung und dem leider immer noch sehr gendertypischen Gesellschaftsbild von Berufsrollen zu tun. Und was in diesem Zusammenhang fast noch schlimmer ist: Selbst wenn junge Schulabsolventinnen einen technischen Beruf erlernen wollen, bekommen sie oft nicht die Chance dazu, weil sie mit unerklärlichen Vorbehalten konfrontiert werden – sei es im Elternhaus oder an anderer Stelle.
Welche Stärken können Sie als Frau in Ihren beruflichen Alltag einbringen?
Wie schon erwähnt, bringen Frauen viel Diplomatie, Empathie und die Bereitschaft, wirklich zu zuhören, in ihren beruflichen Alltag ein. Das gilt auch für mich persönlich. Mit einer Kombination aus fachlicher Expertise, Einfühlungsvermögen und Kompromissbereitschaft laufen Projekte erfahrungsgemäß insgesamt viel erfolgreicher als mit sturer Beharrlichkeit.
Wie war Ihr Werdegang bei Assa Abloy?
Wenn ich so überlege, bin ich tatsächlich ein richtiges Eigengewächs. Angefangen hat alles mit einer Ausbildung zur Industriekauffrau. Danach folgten rund 20 Jahre mit verschiedenen Schwerpunkten im Vertriebs-Innendienst am Standort in Albstadt, darunter zum Beispiel auch die Assistenz der Innendienstleitung. Danach zog es mich dann für weitere zehn Jahre in den Außendienst als Technisch-kaufmännische Fachberaterin für Verarbeiter im Gebiet Bayern. Seit dem 1. Januar diesen Jahres bin ich Regionalvertriebsleiterin für das Gebiet Süd.
„Frauen bringen viel Diplomatie, Empathie und die Bereitschaft, wirklich zuzuhören, in ihren beruflichen Alltag ein.“
Regionale Vertriebsleiterin Kerstin Malich
Was ist dabei anders gewesen, als Sie es zunächst geplant hatten?
Um ehrlich zu sein: alles! Meine Karriere war so nicht geplant. Ursprünglich wollte ich nach den drei Jahren Ausbildung nur ein bis zwei Jahre Berufserfahrung sammeln und dann wechseln. Aber es kam dann immer wieder ein neues spannendes Projekt, das meinen Ehrgeiz gepackt und gefordert hat. Der regelmäßige Sprung ins kalte Wasser hat mich mit meinen Aufgaben wachsen lassen – etwas, was ich meinen Führungskräften und Mentoren immer hoch anrechnen werde. Denn sie haben mir oft mehr zugetraut als ich mir selbst. Das entgegengebrachte Vertrauen und die persönlichen Projekterfolge haben mich beruflich und persönlich immer weitergebracht.
Was raten Sie Frauen, die in einer männerdominierten Branche Führungspositionen übernehmen möchten?
Wo es männertypische Verhaltensweisen gibt, gibt es solche Stereotype natürlich auch bei Frauen. Deshalb ist mein ultimativer Rat: sich etwas zutrauen – also, weniger auf die eigenen Selbstzweifel hören, und weniger hinterfragen, ob frau das wirklich kann. Einfach mal machen lautet die Devise. Es schadet nicht, sich ein paar männliche Verhaltensweisen anzueignen oder zu adaptieren. Und ein breiter Rücken ist wichtig. Denn als Frau darf man sich in einem männerdominierten Umfeld deutlich weniger Fehler erlauben. Die alte Regel, als Frau immer 120 Prozent geben zu müssen, um sich einen Platz an der Tafelrunde zu erobern, ist leider auch im Jahr 2021 immer noch gültig. Das gilt natürlich nicht für alle Männer, aber man begegnet diesen ewig gestrigen Denkmustern immer noch viel zu häufig. Ein bedauerlicher Umstand, der sich aber nur ändern wird, wenn mehr Frauen zukünftig in technischen Berufen arbeiten.
Birgt eine vorgegebene Frauenquote aus Ihrer Sicht Chancen oder eher das Risiko, dass die berufliche Position einer Frau lediglich auf diese Tatsache zurück zu führen ist?
Eine Quote „auf Teufel komm raus“ halte ich nicht für zielführend. Vielmehr sollten gleichberechtigte Chancen für Frauen etabliert werden, die eine bestimmte Position erreichen wollen und genauso gut sind. Sonst ist man in den Augen vieler Kollegen unter Umständen nur die „Quotenfrau“, die es nicht aus eigenem Können geschafft hat. Wichtig finde ich, dass Führungskräfte ihren weiblichen Mitarbeitern mehr zutrauen und sie, wenn nötig, auch darin bestärken, eine entsprechende Karriere einzuschlagen. Eine weitere Schwierigkeit bei einer verbindlichen Quote besteht darin, dass es zu wenig Frauen gibt, die das tatsächlich wollen. Im Zweifelsfall hätte man dann eine weniger qualifizierte Frau auf einer Spitzenposition anstatt eines fähigeren männlichen Kollegen, nur weil es die Quote so will. Damit ist keinem geholfen.
Was schätzen Sie an Assa Abloy als Arbeitgeber?
Als einer der weltweit führenden Anbieter für innovative Sicherheitslösungen rund um die Tür mit gleichzeitig langer Tradition steht Assa Abloy für mich vor allem für große Kontinuität, Zuverlässigkeit und Stabilität. Selbst in so herausfordernden Zeiten wie seit dem Frühjahr 2020 habe ich persönlich keine Angst um meine berufliche Zukunft in diesem Unternehmen gehabt. Und was mir besonders gefällt: der Umgang der Führungskräfte mit den Mitarbeitenden und auch der untereinander ist immer sehr fair und menschlich.
Was reizt Sie an den Produkten, die Sie vertreiben?
Mir gefällt die ganzheitliche und kundenorientierte Denkweise, durch die bei Assa Abloy die vielfältigen Schließlösungen und Produktinnovationen entstehen, die bewährte Systeme und Komponenten ergänzen oder aufeinander aufbauen. Dadurch gibt es für nahezu jede Fragestellung und Herausforderung unserer Kunden immer flexible Möglichkeiten eine passende Lösung zu bieten.
Was gefällt Ihnen besonders an Ihrer Zielgruppe?
Das Schöne an meiner bisherigen Tätigkeit im operativen Außendienst ist die Begegnung mit den vielen verschiedenen Menschentypen – vom versierten Einkäufer bis zum bodenständigen „Meister Eder“ an der Werkbank ist praktisch alles dabei. Mindestens genauso vielseitig sind dann auch die teilweise extrem herausfordernden Situationen, mit denen man sich bei Kundenprojekten vor Ort auseinandersetzen muss und die man sich vorher nicht hätte vorstellen können. Es ist schon ein großer Unterschied, in einer Wohnanlage oder einem Kernkraftwerk oder einer Justizvollzugsanstalt Schließlösungen zu installieren. Ab jetzt wird es für mich als Regionalvertriebsleiterin in dieser Hinsicht wohl etwas weniger abwechslungsreich, aber natürlich nicht weniger fordernd.