Schadensbeschreibung
Innerhalb eines Verwaltungsgebäudes wurden zwei Beton-Treppenläufe mit vollflächig geschlossenen Treppengeländern versehen. Die Treppenläufe verbanden die Etagen vom ersten Obergeschoss bis zum vierten Obergeschoss. Stahl-Rohrrahmen-Konstruktionen bildeten dabei das Gerüst für die vollflächige Beplankung mit drei Millimeter dicken Stahlblechen.
Dabei wurden die äußeren Verkleidungselemente durch Schweißen fest mit der Tragkonstruktion verbunden. Die zu den Treppenstufen ausgerichtete innere Bekleidungsseite wurde mit dem Rohrrahmen verschraubt.
Nach Abschluss der Metallbauarbeiten wurde die Stahlkonstruktion von einem Malerfachbetrieb zunächst gespachtelt und grundiert und dann endbeschichtet.
Nach Fertigstellung rügte der Bauherr sichtbare Unebenheiten innerhalb der Bekleidungsflächen zunächst gegenüber dem Maler. Er war von einer im Fertigzustand ebenen Fläche ohne deutlich sichtbare Unebenheiten ausgegangen.
Der Maler erklärte jedoch, dass sein Auftrag beinhaltete, in Qualitätsstufe Q 3 nach DIN 18363 vorbereitete Oberflächen zu beschichten, mit der Anforderung Qualitätsstufe Q 4 erzeugt zu haben. Die von ihm vorgefundenen Stahlflächen hätten tatsächlich lediglich Q 1 und Q 2 entsprochen. Es war nicht möglich, die vorhandenen Unregelmäßigkeiten durch Verspachteln zu beseitigen.
Von der Bauleitung wurde die Rüge daraufhin an den Metallbauer weitergegeben. Der teilte die Rüge nicht und argumentierte, dass er entsprechend seinem Vertragswerk ein einwandfreies Gewerk erzeugt hätte. Er beauftragte einen Sachverständigen mit der Klärung.
Fehleranalyse und -bewertung

Während der Ortsbesichtigung wurden vom Sachverständigen sichtbare Unebenheiten in allen bereits endbeschichteten Geländer-Abschnitten festgestellt. Eine Analyse des Werkvertrages (die VOB war vereinbart) ergab, dass keine besonderen Qualitätsansprüche an die Ebenheit der Blechbekleidung vereinbart waren. Hohe Qualitätsansprüche der Stufe Q 3 nach DIN 18363 konnten also nicht ohne besondere Vereinbarung erwartet werden. Die ATV DIN 18363 Maler und Lackierarbeiten; Beschichtungen ist ohne vorherige Vereinbarung nicht das einzuhaltende Regelwerk für den Metallbauer. Es bezieht sich auf das Gewerk Maler- und Lackierarbeiten. Die hohen Ansprüche an die Ebenheit in dieser ATV sind werkstoffbedingt in Verbindung mit Schweißprozessen bei Stahlblecharbeiten nur unter besonderen Verarbeitungstechniken herzustellen.
Bei Schweißprozessen kommt es zu Materialverwerfungen und Gefügeveränderungen, die sich in farbbeschichteten Oberflächen abbilden. Auch der thermische Einfluss spielt eine Rolle. Stahlbleche sind temperaturabhängigen Volumenveränderungen unterworfen. Zwischen den Schweißnähten kommt es zeitweise zu Ausbeulungen. Dabei spielt es eine Rolle, dass die Treppenläufe direkt hinter einer Glasfassade verliefen und zeitweise intensiv der Sonneneinstrahlung ausgesetzt waren.
In Bezug auf dieses Gewerk waren die Toleranznormen DIN 18202 und DIN EN ISO 13920 die Regeln, die zur Bewertung durch den Sachverständigen heranzuziehen waren.
Diese Regelwerke lassen bei hier maßgeblichen Messpunktabständen von drei Metern Abweichungen von der Ebenheit von bis zu elf Millimetern zu. Die vom Sachverständigen festgestellten Abweichungen innerhalb der Flächen der Treppenbekleidungen betrugen im Maximum vier Millimeter.
Das Gewerk Metallbau (Herstellung der vollflächig verkleideten Treppengeländer) wurde vom Metallbauer im Rahmen der für dieses Gewerk geltenden Toleranzen hergestellt.
Schadensvermeidung und -beseitigung.

Die Erwartungshaltung an das fertige Objekt in Bezug auf das Erscheinungsbild sollte vor Auftragsvergabe beziehungsweise Annahme eindeutig festgelegt sein. Die Machbarkeit muss unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit geprüft werden. Im vorliegenden Fall ist mit einem temperaturabhängigen, sich stetig verändernden Erscheinungsbild zu rechnen. Der gewählte Werkstoff Stahl und dessen Eigenschaften und Fertigungsbedingungen, auch durch Schweißen, prägen den Charakter des visuellen Erscheinungsbildes der Bekleidungen.
PRAXISTIPP:
- Bei hohen Ansprüchen an das optische Erscheinungsbild Ihres Produktes müssen Sie die Erwartungen im Detail unter Überprüfung der Machbarkeit mit dem Kunden abstimmen
Zusatzinfos
Baujahr: 2024
Schadensjahr: 2024
GELTENDE REGELN:
Die Beachtung folgender Normen, Richtlinien, Verordnungen und Regeln sind die Voraussetzung für die fachtechnisch einwandfreie Ausführung der Arbeit:
- Fachregelwerk Metallbauerhandwerk – Konstruktionstechnik: Kap. 1.19.4.1 Maßtoleranzen
- DIN 18202 Toleranzen im Hochbau; Bauwerke,
- DIN 18363 VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen; Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV); Maler- und Lackierarbeiten; Beschichtungen,
- DIN EN ISO 13920 Schweißen; Allgemeintoleranzen für Schweißkonstruktionen; Längen- und Winkelmaße, Form und Lage.